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Wildpferde: Wo gibt es sie noch?

Wildpferdeherde
Foto © Tom Tietz shutterstock
Inhaltsverzeichnis

Eine dicht an dicht gedrängte Pferdeherde im Galopp, wehende Mähnen und romantische Hintergrundmusik: So werden Wildpferde oft in den Medien dargestellt. Aber wie leben Wildpferdeherden eigentlich wirklich? Und was genau ist ein Wildpferd – im Unterschied zu anderen Pferden? Gibt es überhaupt noch echte Wildpferde oder sind die heutigen frei lebenden Pferde einfach nur verwilderte Hauspferde? Als Unterstützer einer Initiative zum Erhalt von Wildpferdeherden in Griechenland werden wir häufig mit diesen Fragen konfrontiert. Hier kommen wissenschaftlich fundierte Antworten.

Definition: Was ist ein Wildpferd?

In der Wissenschaft ist der Ausdruck „Wildpferde“ ausschließlich für Pferde reserviert, die ohne menschlichen Einfluss in freier Natur leben und mit dem Hauspferd (Equus caballus) enger verwandt sind. Die ausgestorbenen Vorfahren unserer Pferde gehören ebenso in diese Kategorie. Bis vor einigen Jahren wurden auch der jetzt ausgestorbene Tarpan und das stark bedrohte Przewalsky-Pferd zu dieser Gruppe gerechnet. Allerdings legen genetische Untersuchungen mittlerweile den Verdacht nahe, dass diese Rassen gar nicht zu den Vorfahren unserer Hauspferde zählen.

Umgangssprachlich werden auch bestimmte Pferderassen wie zum Beispiel amerikanische Mustangs oder australische Brumbies als Wildpferde bezeichnet, obwohl eindeutig belegt ist, dass sie von den importierten Pferden der frühen Siedler abstammen. Sie haben sich lediglich durch natürliche Auslese an ihre dortigen Lebensbedingungen angepasst. Die Bezeichnung „Wildpferd“ wird häufig sogar für halbwild lebende Tiere wie beispielsweise Dülmener Ponys, Islandpferde / Islandponys / Isländer und die französischen Camargue-Pferde im Rhone-Delta verwendet.

Wie viele Wildpferde gibt es noch?

Erstaunlicherweise gibt es in unserer hochzivilisierten Welt doch noch viele Pferdepopulationen, die völlig wild leben. Brumbies und Mustangs gehören dabei eindeutig zu den zahlenmäßig am stärksten vertretenen Gruppen. Aber du brauchst gar nicht so weit zu reisen, um frei lebende Pferdeherden beobachten zu können. Es gibt auch Wildpferde in Europa, und zwar in:

 

Bosnien und Herzegowina

Bosniaken – Bergpferderasse, wild lebende Pferdeherden bei Kupres und Livno

Bulgarien

Karakatschan-Pferd – teilweise wild lebende ursprüngliche Pferderasse in den bulgarischen Bergen

Deutschland

Dülmener – halbwild gehalten in einem 400 Hektar großen Reservat des Herzogs von Croy

Konik – halbwilde Herden zur Landschaftspflege in verschiedenen Regionen

England

Exmoor-Pony – im Exmoor-Nationalpark und anderen Naturschutzgebieten Westeuropas

Dartmoor-Pony – frei lebend im Dartmoor-Nationalpark (Exmoor- x Shetland-Pony)

New-Forest-Pony – halbwilde Population im New Forest

Welsh-Pony – verwilderte Pferdeherden in Wales

Frankreich

Camargue-Pferd – frei lebende halbwilde Herden im Rhone-Delta

Griechenland

Thessalier – wilde und halbwilde Populationen auf dem Olymp

Pindos-Ponys – wilde und halbwilde Populationen im Pindos-Gebirge und auf dem Olymp

Skyros-Ponys – stark bedrohte Population auf der Insel Skyros

Verwilderte Pferde – z.B. auf der Insel Kefalonia, Naturschutzgebiet Berg Aenos

Island

Islandpferd – halbwilde Populationen an beiden Enden der Insel

Italien

Giara-Pferd – wild lebende Pferde auf Sardinien

Monterufoli-Pony – verwilderte Herde im Naturschutzgebiet bei Pisa

Pentro-Pferd – halbwilde Pferdeherden in Sumpfgebieten von Süditalien

Sanfratellano – im Nebrodi-Nationalpark in Sizilien, verwildert

Niederlande

Konik – polnische Robustpferde, halbwild z.B. im Naturentwicklungsgebiet Oostvaardersplassen

Polen

Konik – polnische Robustpferderasse, wild und halbwild in Reservaten westeuropäischer Länder

Portugal

Sorraia – vereinzelte halbwilde Populationen, Mustang x Lusitano

Garrano – frei lebende Pferdepopulation in Nordportugal, im Nationalpark Peneda-Gerês

Rumänien

Rumänisches Bergpferd – halbwild und wild in den rumänischen Bergen

Donau-Delta-Pferd – seit Jahrhunderten frei lebende Pferde im Donau-Delta

Serbien

Serbisches Bergpferd – eine wild lebende Population im Stara-Planina-Naturpark

Spanien

Retuerta – frei lebende Pferderasse im Coto de Doñana-Nationalpark in Andalusien

Asturcon-Pony – wilde Pferdeherden im Gebirge in Nordspanien

Losiño – verwilderte Pferderasse in Nordspanien

Pottoka – verwilderte Pferderasse im Baskenland

Galicisches Pony – wilde Herden in Nordspanien

Ungarn

Huzulen – robuste Ponys, frei lebende Pferdeherden in der Ukraine und in Ungarn

Wann ist Wildpferdefang in Dülmen?

Westlich der Stadt Dülmen in Nordrhein-Westfalen liegt ein 400 Hektar großes, eingezäuntes Naturschutzgebiet: der Merfelder Bruch. Dort befindet sich der größte Wildpferdebestand Deutschlands. Schon im Jahr 1346 wurden die Wildpferde bei Dülmen urkundlich erwähnt. Damals lebten sie noch wirklich wild in einem Gelände von mehr als 1.000 Hektar.

Durch die fortschreitende Zivilisierung wurde ihr Lebensraum immer stärker eingeschränkt, was die Überlebenschancen der Pferde stark reduzierte. Mitte des 19. Jahrhunderts stellte die Familie des Herzogs von Croy den frei lebenden Tieren ein riesiges Gelände zur Verfügung: die sogenannte „Wildpferdebahn“. In unserer Zeit wurde das Reservat auf 400 Hektar erweitert. Ein Hektar Land ernährt bei extensiver Weidehaltung eine Großvieh-Einheit.

Deshalb ist die Anzahl der Dülmener Wildpferde in der Wildpferdebahn des Herzogs von Croy auf 400 Tiere beschränkt. Jedes Jahr werden aber zahlreiche Fohlen geboren. Darum findet schon seit 1907 jeweils am letzten Samstag im Mai der Wildpferdefang in Dülmen statt, bei dem die Jährlingshengste aussortiert werden. Danach können Interessenten im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung ein junges Wildpferd kaufen. Zuschauerplätze für den eigentlichen Wildpferdefang werden online verkauft. 

Lebensraum der Wildpferde: Wo leben sie?

Die Vorfahren unserer Hauspferde lebten teilweise in den weiten Steppen zwischen der Mongolei und dem Kaukasus, aber auch in ausgedehnten Waldregionen Eurasiens. Industrialisierung und Zivilisation haben den Lebensraum der Wildpferde mittlerweile stark eingeschränkt. Die Tiere haben sich in unserer heutigen Zeit in unwegsame Gebirgsregionen, Wüsten und Sumpfgebiete zurückgezogen, in denen der Mensch noch nicht so stark in die Natur eingegriffen hat.

Dort „bewohnen“ sie riesige Territorien von bis zu 30 Kilometern Durchmesser. Sie kennen in ihrem Revier sämtliche Wasserstellen, Weideplätze, windige Gebiete mit wenig Insektenvorkommen, windgeschützte Areale, übersichtliche Stellen für Pausen im Liegen und Plätze, um sich vor starkem Regen zu schützen. In ihrem Territorium fühlen sich Wildpferde sicher, weil sie quasi jeden Stock und Stein kennen. Wenn ein eingefangenes Wildpferd entkommen kann, kehrt es immer in sein Territorium zurück.

Wie sehen Wildpferde aus?

Wildpferde sind Beutetiere. Also ist es für sie sinnvoll, dass sie nicht unbedingt auf den ersten Blick entdeckt werden. Bei den Vorfahren unserer Hauspferde, die in Steppen lebten, hatte sich eine sandfarbene, beige oder rötlich-braune Fellfarbe als vorteilhaft erwiesen, um mit ihrer Umgebung zu verschmelzen. Waldbewohner profitierten eher von dunkleren Fellfarben wie Schwarz oder Dunkelbraun.

Interessanterweise gab es aber auch schon seit dem Pleistozän Tigerschecken mit einer Fellzeichnung wie beispielsweise bei Knabstruppern. Die dunklen Flecken auf hellem Grund – eine genetische Mutation – könnten einen Überlebensvorteil beim Leben in lichten Laubwäldern geboten haben. Auch die Tatsache, dass Tigerschecken empfindlich auf UV-Strahlung reagieren, spricht für diese Theorie. Ansonsten sind typische Anzeichen für „Wildpferdeblut“ solide Hufe, relativ große Köpfe, eventuell ein Aalstrich und eher selten „Zebrastreifen“ an den Beinen.

Was fressen Wildpferde?

Wildpferde fressen das, was die Natur ihnen in der jeweiligen Jahreszeit anbietet. Im Frühling, wenn die Stuten viel Milch für die neugeborenen Fohlen produzieren müssen, ist das Grünfutter am energiereichsten. Im Winter können aber (für Pferde) genießbare Pflanzenarten unter Umständen unter Schnee begraben sein. Was also fressen Wildpferde im Winter? Frei lebende Pferdeherden ernähren sich im Winter auch von Flechten, Moosen und Baumrinden. Wann immer möglich, scharren sie aber den Schnee beiseite, um Gräser freizulegen.

Warum brauchen Wildpferde keine Hufeisen?

Freilebende Pferdeherden laufen jeden Tag zwischen 20 und 30 Kilometer innerhalb ihres Territoriums. Je nach Jahreszeit und Wetter suchen sie dabei unterschiedlich Plätze auf. Zumeist bewegen sie sich im Schritt – und oft genug grasen sie dabei. Sie laufen dabei über verschiedene Untergründe wie Grasland, steinige Pfade, Waldboden, Sandboden und durchqueren auch Wasser.

Auf dem abwechslungsreichen Untergrund werden die Hufe durch den natürlichen Hufmechanismus immer wieder gesäubert. Dabei werden sie so abgenutzt, wie die Winkelung ihrer Gelenke es vorgibt. Wildpferde bekommen in ihrem natürlichen Umfeld weder Strahlfäule noch Mauke oder Hufrehe.

Sie existieren in ihrer heutigen Form (Equus caballus) schon seit mindestens 11.000 Jahren und damals gab es unter Garantie noch keine Hufschmiede, die diese Pferde beschlagen haben. Ihr Hufwachstum ist perfekt auf die Abnutzung ihrer Hufe unter natürlichen Lebensbedingungen abgestimmt. Ansonsten gäbe es heute keine Pferde mehr, weil Raubtiere bevorzugt kranke und lahm gehende Beutetiere erlegen.

Kann man Wildpferde zähmen?

Pferdeherden, die bisher keinen direkten Kontakt zu Menschen hatten, ergreifen vor uns Zweibeinern erst einmal die Flucht. Unsere Fortbewegungsweise auf zwei Beinen kommt den Pferden seltsam vor. Außerdem haben Menschen (anders als die meisten Tiere) Arme, mit denen sie eigenartige Bewegungen ausführen. Hinzu kommt, dass sie einen fokussierten Blick wie Raubtiere haben. Ihr Geruch verrät zudem – außer bei Veganern / Vegetariern – dass sie tote Tiere essen.

Es ist also völlig verständlich, dass ein Wildpferd den Kontakt zu Lebewesen unserer Art erst einmal vermeiden möchte. Aber durch kompetente und geduldige Ausbildungsarbeit ist es problemlos möglich, ein Pferd aus einer frei lebenden Herde zu zähmen. Die „Wilden“ sind optimal sozialisiert, weil sie in einer natürlichen Sozialstruktur (mit Hengst) aufgewachsen sind. Sie haben also gelernt, ihren Platz in einem sozialen Gefüge einzunehmen – was bei vielen „Zuchtpferden“ nicht unbedingt der Fall ist und Dominanzprobleme provoziert.

Sie sind auch „cooler“, selbstbewusster und pfiffiger als unsere Hauspferde, weshalb sie sehr schnell lernen und selten einmal in Panik ausbrechen. In der Natur müssen sie immer wieder neue Situationen einschätzen. Das macht sie sehr „flexibel im Kopf“ – was aber auch dazu führen kann, dass sie einfach so aus Spaß Wasserhähne oder Torverriegelungen öffnen. Ein Pferd aus einer freilebenden Herde ist eine Herausforderung, bietet aber auch ein immenses Potenzial.

 

 

Quellenangaben

https://wildpferde.de/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3219153/

http://www.ebta.co.uk/faq-herd.html

https://www.iucnredlist.org/species/41763/97204950

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Feral_horse

Islandpferde zählen zu den beliebtesten Pferderassen
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Islandpferde – Fünfgänger aus dem hohen Norden

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Ein brauner achal tekkiner auf Sandplatz stehend
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