Erstveröffentlichung am 02.11.2022 - Die meisten Pferdehalter fürchten die Diagnose Hufrehe (Pododermatitis aseptica diffusa) oder Huflederhautentzündung. Ganz zu Recht: Eine nicht rechtzeitig behandelte Rehe kann bei Pferden anatomische Veränderungen bewirken, die es unter Umständen langfristig unreitbar machen.
Das Problem bei dieser Krankheit besteht darin, dass es für Pferdehalter so gut wie unmöglich ist, sie schon im Frühstadium zu erkennen. Gerade dann wäre sie relativ einfach einzudämmen. Aber leider treten die ersten offensichtlichen Hufrehe-Symptome immer erst dann auf, wenn die Erkrankung bereits in das zweite oder dritte Stadium eingetreten ist.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Laminitis oder Hufrehe steht für eine aseptische (nicht durch Bakterien oder Viren ausgelöste) Entzündung der Huflederhaut. Die Huflederhaut ist stark durchblutet und mit zahlreichen Nerven durchsetzt. Sie bildet eine solide, leicht flexible Verbindung zwischen dem starren Hufbein und dem beweglichen Stoßdämpfersystem des Pferdehufs.
Bei einem akuten Rehe-Schub beginnt die Huflederhaut, sich von der hornigen Substanz des Hufes abzulösen. Die Gründe dafür können vielfältig sein, aber die Entwicklung der Krankheit ist bei allen Rehe-Formen gleich. Rehe ist so gut wie immer die Folge einer gestörten Blutzirkulation im Bereich der Huflederhaut.
Am Beispiel der in Deutschland besonders häufigen Futterrehe kannst Du erkennen, wie es zu diesen Entzündungserscheinungen kommt. Wenn ein Pferd mehr Stärke oder Fruktan gefressen hat, als sein Organismus verstoffwechseln kann, entsteht eine sogenannte "Futterrehe". Durch das hohe Angebot an Stärke und Zucker vermehren sich die Kohlehydrat-spaltenden Streptokokken im Dickdarm geradezu explosiv. Sie produzieren bei ihren Stoffwechselvorgängen große Mengen an Milchsäure, was dazu führt, dass unzählige andere Darmbakterien absterben. Durch die abgestorbenen Bakterien werden Endotoxine (Giftstoffe) freigesetzt und der gesamte Organismus übersäuert. Diese Endotoxine dringen in den Blutkreislauf des Pferdes ein.
Da die Huflederhaut besonders gut durchblutet ist, kommen dort besonders viele Giftstoffe an. Sie verursachen eine Entzündung, bei der die Lederhaut Gewebsflüssigkeit und Blutplättchen absondert. So entsteht ein Ödem, das zwischen den starren Hufwänden eingeschlossen ist und einen starken Druck auf die empfindliche Huflederhaut ausübt. Wenn die Huflederhautentzündung länger als 48 Stunden anhält, wird sie als "chronische Hufrehe" bezeichnet. In diesem Stadium können sich die Verzahnungen zwischen der Huflederhaut und dem umliegenden Gewebe lösen und das Hufbein kann absinken oder in Richtung Boden rotieren. In besonders schweren Fällen kann ein Hufbeindurchbruch entstehen, bei dem sich die Spitze des Knochens durch die Hufsohle bohrt. In seltenen Fällen kann sich auch die gesamte Hornkapsel vom Huf lösen.
WICHTIG: Es treten nicht alle Symptome gleichzeitig auf. Wenn Du einige der unten genannten Symptome bei Deinem Pferd entdeckst, solltest Du SOFORT den Tierarzt anrufen. Reheverdacht ist ein tierärztlicher Notfall. Je früher eine Hufrehe behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
Hier die Symptome von Hufrehe auf einen Blick:
Eine Hufrehe kann durch zahlreiche Faktoren ausgelöst werden.
Hier ein kurzer Überblick über die einzelnen Rehe-Arten:
Bis zum Eintreffen des Tierarztes kannst Du die Schmerzen Deines Pferdes vermindern und das Fortschreiten der Huflederhautentzündung eindämmen. Dazu ziehst Du ihm einfach eine Socke über den betroffenen Huf und füllst diese bis zum Kronrand mit Eiswürfeln. Dadurch entstehen keine Erfrierungen.
WICHTIG: Wenn Du mit dieser Kryotherapie angefangen hast, sollte sie bestenfalls 72 Stunden nicht unterbrochen werden. Beim Erwärmen verstärkt sich die Durchblutung des Hufes ganz massiv. Eine Australische Studie hat gezeigt, dass bei Temperaturen von 2°C und niedriger die besten Resultate erzielt werden. Auf diese Weise kann ein akuter Rehe-Schub innerhalb von zwei bis drei Tagen beendet werden. Eine Kühlung mit Wasser hat nur wenig Effekt.
Bei einer Hufrollenentzündung (Podotrochlose) können manche Pferde die Sägebockstellung einnehmen, um ihre Vorderhufe zu entlasten. Unter Umständen könnte das zu der Annahme führen, dass eine Belastungsrehe vorliegt. Der Tierarzt wird aber bei Reheverdacht ohnehin Röntgenbilder anfertigen, aufgrund derer er die beiden Krankheiten sicher unterscheiden kann.
Üblicherweise lässt sich der Tierarzt das Pferd erst einmal in Bewegung vorführen. Er tastet nach den Pulsationen der Zehenarterie, die sich bei Pferden mit Hufrehe verstärken. Mit einer Untersuchungszange übt er Druck auf die Hufzehe aus. Bei einer Schmerzreaktion kann er von einer Entzündung ausgehen.
Zudem macht er Röntgenaufnahmen der betroffenen Hufe von vorne und von der Seite. Dadurch kann er feststellen, ob schon eine Hufbeinrotation oder -absenkung stattgefunden hat. In Pferdekliniken wird auch oft ein Kontrastmittel gespritzt, das die venösen Blutbahnen sichtbar macht (Venografie). Mit dieser Untersuchungsmethode lassen sich sehr differenzierte Diagnosen stellen.
Hufrehe ist ein akuter Notfall. Als erstes wird das Pferd in einer Box mit viel weicher Einstreu aufgestallt. Die betreffenden Hufe werden mit sogenannten "Eisschuhen" gekühlt. Ganz gleich, wie der Futterplan bisher aufgebaut war: Bei einem Reheschub bekommt das Pferd ausschließlich Zugang zu magerem Heu und Futterstroh.
Das früher übliche Hochstellen der Trachten und der Einsatz von Schmerzmittel werden mittlerweile kontrovers diskutiert. Stattdessen geht der Trend in der Schulmedizin eher zur weichen Unterpolsterung der entsprechenden Hufe. Zumeist werden Rehepferde vom Tierarzt mit Entzündungshemmern behandelt. Häufig spritzt er auch noch blutverdünnende Medikamente zur Vorbeugung einer Thrombose.
WICHTIG: Auch wenn Cortison eine abschwellende Wirkung hat, ist sein Einsatz bei Rehepferden höchst umstritten. Es wird sogar vermutet, dass Cortison einer der Verursacher von Medikamentenrehe sein könnte.
Eine kleine Feldstudie mit 57 teilnehmenden Pferden hat überraschende Ergebnisse gebracht. Den erkrankten Pferden wurde am Kronsaum der betroffenen Hufen jeweils 4 Blutegel angesetzt. Bei einer Behandlung innerhalb der ersten 72 Stunden nach Ausbruch der Rehe trat bei sämtlichen Versuchsteilnehmern eine deutliche Verbesserung ein. Unabhängig vom Krankheitsstadium war bei 47 der 57 Pferde eine merkliche Verbesserung durch die Blutegeltherapie festzustellen.
Unterstützende homöopathische Behandlung kann bei Hufrehe besonders sinnvoll sein. Dazu werden häufig ausleitende Mitteln wie Nux vomica oder Urtica urens in der D12 oder C30 eingesetzt. Weniger bekannt ist die adsorbierende Wirkung von Zeolith/Klinoptilolith. Das fein gemahlene Steinpulver wird unter anderem bei Menschen und Pferden zur Entgiftung eingesetzt. Es soll gegen Übersäuerung des Organismus wirken, die Darmflora stabilisieren und Giftstoffe binden, die dann zusammen mit dem Mineralstoff ausgeschieden werden. Zeolith wird nicht verstoffwechselt, sondern wandert einfach durch den Verdauungstrakt. Als Dosierung für Pferde werden 20 bis 40 Gramm pro Tag empfohlen.
Artgerechte Pferdehaltung mit viel Bewegungsfreiheit und Sozialkontakten sorgt generell dafür, dass Pferde weniger krankheitsanfällig sind.
Einer Futterrehe kannst Du vorbeugen, indem Du das Futter bedarfsgerecht rationierst. Leichtfuttrige Pferderassen entwickeln bei ganztägigem Weidegang schnell Übergewicht. Übergewichtige Pferde tendieren stark zu Stoffwechselstörungen. Falls Du Kraftfutter zufütterst, solltest Du es in kleine Rationen aufteilen, die mehrmals am Tag angeboten werden.
Entferne Giftpflanzen und Pilze von der Pferdeweide, um einer Vergiftungsrehe vorzubeugen.
Wenn Dein Pferd stark von Parasiten befallen ist, verabreiche ihm zu Anfang eine milde Wurmkur, die nicht alle Arten von Endoparasiten abtötet. Etwa 10 Tage später kannst Du dann mit einem stärkeren Mittel entwurmen. So vermeidest Du, dass zu viele Würmer auf einmal abgetötet werden.
Einer Belastungsrehe kannst Du vorbeugen, indem Du auf hartem Untergrund prinzipiell nur Schritt reitest.
Falls Du eine tragende Stute besitzt, solltest Du im Kopf haben, dass nicht an der Nachgeburt gezogen werden darf (Geburtsrehe ). Wenn diese nicht innerhalb von zwei Stunden nach der Geburt des Fohlens abgegangen ist, solltest Du den Tierarzt rufen.
Hufrehe ist eine der schmerzhaftesten Erkrankungen beim Pferd. Wenn Du einige der Symptome bei Deinem Pferd entdeckst, solltest Du SOFORT den Tierarzt anrufen. Je früher eine Hufrehe behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
Quellenangaben
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0029-1237230 file:///C:/Users/user/Downloads/171011_GPM-Hufrehe-Leitfaden-web.pdf
https://bvajournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1136/vr.164.22.694
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0749073917301475?via%3Dihub
https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/56/06_neuz.pdf?sequence=7&isAllowed=y
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