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Sind Gnitzen und Kriebelmücken das Gleiche?

von
Susanne Krauzig
zuletzt aktualisiert 18.04.2024
Kleine Gnitzen kreisen um ein schwarzes Pferd auf Weide
Foto © Sophia Floerchinger shutterstock.com
Inhaltsverzeichnis

Du brauchst nicht weit zu reisen, um die gefürchteten „Biting Midges“ der Schottischen Highlands kennen zu lernen. Sie können bei Mensch und Tier Allergien auslösen – zum Beispiel das gefürchtete Sommerekzem beim Pferd und weitere Insektenstich-Hypersensitivität Reaktionen beim Hund oder beim Menschen.

Außerdem übertragen sie zahlreiche Krankheiten und Parasiten. Gnitzen treiben auf der ganzen Welt ihr Unwesen – besonders gern in den feuchten Niederungen Deutschlands. Pferdehalter mit einer Vorliebe für Islandpferde können ein Lied davon singen: 30 % der Isländer in Deutschland sind von IBH betroffen. Hier erfährst du alles Wichtige über die Culoides Mücken, im Volksmund „Gnitzen“ genannt.

Was sind „Gnitzen“ in Deutschland?

Sie landen lautlos auf ihren Opfern und sind so klein, dass sie sich sogar durch die Maschen mancher Fliegengitter quetschen können. Obwohl Gnitzen nur zwischen 0,5 und 4 Millimeter groß sind, verursacht ihr Biss heftig juckende Quaddeln bei Mensch und Tier. Und sie verursachen nicht nur das Sommerekzem bei Pferden, sie können auch die tödliche Afrikanische Pferdepest übertragen.

Bei diesen winzigen Blutsaugern handelt es sich nicht um Fliegen, sondern um Mücken. Genauer gesagt: um Insekten aus der Familie der Bartmücken, in der Fachsprache der Insektenkundler „Ceratopogonidae“ genannt. In den Bergen von Irland und Schottland treten sie massenhaft auf und werden dort als „Biting Midges“ bezeichnet. In deutschsprachigen Ländern heißen sie – je nach Region – Gnitzen, Gnitten, Gewitter Gnitzen oder Gewittertierchen.

Weltweit wurden bisher 125 verschiedene Gattungen von Gnitzen identifiziert, aber nur vier davon saugen Blut bei Warmblütern. Mit mehr als 1.300 Arten sind die Culicoides Mücken die artenreichste Gattung der blutsaugenden Bartmücken. Auf Bisse dieser Art von Gnitzen reagieren zahlreiche Warmblüter wie Pferde, Rinder, Schafe, Hunde und Menschen hochgradig allergisch.

Unterschied Kriebelmücken / Gnitzen

Kriebelmücken sind genauso winzig und ebenso kompakt gebaut wie Gnitzen. Beide Insektenarten haben einen aufgewölbten Hinterleib und sehen in der Seitenansicht irgendwie „bucklig“ aus. Sie sind für Laien nur an ihren Flügeln zu unterscheiden: Culicoides Mücken und andere Gnitzen besitzen gefleckte Flügel. Kriebelmücken haben transparente Flügel, die mit ihrer starker Aderung den Flügeln von Fliegen ziemlich ähnlich sehen.

Bis vor einigen Jahren wurden die beiden winzigen Mückenarten selbst in Fachkreisen noch in „einen Topf geworfen“. Immerhin hält sich nach wie vor hartnäckig die Behauptung im Internet, dass Kriebelmücken für das Sommerekzem bei Pferden verantwortlich sind. Die wahren Schuldigen sind aber die Culicoides Mücken aus der Familie der Gnitzen (Ceratopogonidae). Kriebelmücken gehören zu einer anderen Insektenfamilie (den Simuliidae) und unterscheiden sich von Gnitzen unter anderem durch ihre Lebensweise.

Eine Gnitze sitzt auf menschlicher Haut
Eine Gnitze
Foto © Cassandra Madsen shutterstock

Wie sehen Gnitzen Stiche aus?

Frische Gnitzen Stiche sehen – unter dem Vergrößerungsglas betrachtet – beinahe so aus wie ein winziger, abgerundeter Vulkan: eine Schwellung mit einer Vertiefung in der Mitte. Das „Loch“ in der Mitte kommt daher, dass Gnitzen sogenannte „Poolsauger“ sind. Andere Mücken stechen mit ihren langen Saugrüsseln kleine Adern an, um sich dort ihre Blutmahlzeit zu holen. Gnitzen haben aber nur einen kurzen Rüssel und beißen deshalb ein kleines Loch in die Haut ihrer Opfer.

Erst wenn sich die winzige Vertiefung mit Blut und Gewebsflüssigkeit gefüllt hat, nehmen die weiblichen Gnitzen ihre proteinreiche Mahlzeit ein, die sie zur Eiablage benötigen. Nach etwa einem Tag bildet sich dann eine kleine Blase mit transparenter Flüssigkeit über der Einstichstelle. In diesem Stadium jucken Gnitzen Bisse noch mehr als am ersten Tag. Pferde mit Sommerekzem und andere Tiere reagieren darauf natürlich mit heftigem Scheuern oder Kratzen. Menschen können zum Glück ihren Kopf dazwischenschalten und Juckreiz stillende Produkte auftragen.

 

Welche Körperteile fliegen Gnitzen bei Pferden an?

Drei Forscher aus Irland hatten im Rahmen einer Studie zur Entstehung des Sommerekzems die bevorzugten Stech- und Landeplätze von Gnitzen bei einem „Köderpferd“ dokumentiert (PMID: 6714213 DOI: 10.1111/j.2042-3306.1984.tb01876.x). Sie fanden zehn verschiedene Unterarten von Culicoides Mücken. Dabei handelte es sich hauptsächlich – zu etwa 90 % - um die beiden Unterarten Culicoides dewulfi und Culicoides obsoletus. Sie landeten nicht nur auf dem Pferd. Knapp 90 % von ihnen saugten dort auch Blut.

Es gab nur wenige Gnitzen, die an Kopf, Bauch oder Brust des Pferdes anlandeten. Ein Großteil der Insekten landeten im Bereich der Mähne oder der Röhrbeine an. Während des Versuchs wurden 10.178 Mücken vom Köderpferd angezogen, von denen 4.097 zustachen. Die bevorzugten Bereiche für eine Blutmahlzeit waren Mähne, Rückenlinie bis zum Schweifansatz und unteres Bein. Ohnehin vom Sommerekzem geschädigte Hautareale waren besonders beliebt.

Diese Ergebnisse sind wohl für die meisten Halter von Pferden mit Sommerekzem überraschend, weil normalerweise im unteren Bereich der Pferdebeine keine Hautläsionen auftreten. Es kam aber während des Versuchs zu beträchtlichen Saugaktionen in diesem Areal. Auf diese Weise gelangt der allergene Mückenspeichel in den Pferdeorganismus, selbst wenn die Tiere mit einer Ekzemerdecke geschützt sind. Falls du ein Pferd mit Sommerekzem besitzt, solltest du also eine Ekzemerdecke mit Halsteil und Fliegengamaschen zum Schutz vor Gnitzen Stichen einsetzen.

Flugzeiten der Gnitzen / Culicoides Mücken

Culicoides Mücken sind in unseren Breiten während der Monate April bis Oktober unterwegs. In heißen Ländern können sie das ganze Jahr über aktiv sein. Im Zeitraum zwischen Juli und September ist mit einem besonders hohen Gnitzen-Aufkommen zu rechnen. Bei feuchtwarmem Wetter sind die Insekten am aktivsten – und werden deshalb auch „Gewittertierchen“ genannt.

Normalerweise machen sich die für uns relevanten weiblichen Culicoides Mücken kurz vor und während der Dämmerung auf die Suche nach Warmblütern, um bei ihnen Blut zu saugen. Das tun sie im Abstand von etwa drei bis fünf Tagen. Männliche und weibliche Gnitzen ernähren sich nicht von Blut, sondern von Pflanzensäften. Das Blut wird nur zur Produktion der Eier gebraucht.

Ein Bild einer Gnitze
Ein Bild einer Gnitze
Foto © Henrik Larsson shutterstock.com

Gnitzen Vorkommen: Brutstätten und Lebensraum

Culicoides Mückenarten, die Warmblüter stechen, legen ihre Eier vorzugsweise an feuchten Stellen mit möglichst viel verrottendem organischen Material ab. Die Feuchtigkeit in einem relativ frischen Haufen Pferdeäpfel oder in noch nicht ganz abgetrockneten Kuhfladen kann schon ausreichen, um den schlüpfenden Larven einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Diese entwickeln sich dann – je nach Temperatur – innerhalb von durchschnittlich drei Wochen zu einer erwachsenen Mücke.

Diese winzigen schwarzen Mücken sind mit ihren relativ kurzen Flügeln keine guten Flieger. Üblicherweise halten sie sich deshalb im Umkreis von etwa 300 Metern rund um ihre Brutstätten auf. Sie können aber auch vom Wind bis zu drei Kilometer weit davongetragen werden, ohne dabei Schaden zu nehmen. Das bedeutet für Landwirte und Pferdehalter, dass ihre Tiere unter Umständen auch in einer größeren Entfernung von Ufergebieten, matschigen Stellen oder Misthaufen von Gnitzen gestochen werden können.

Gnitzen Fallen

Zu diesem Thema haben wir eine weitere hochinteressante Studie ausgegraben. Wie alle weiblichen Mücken orientieren sich auch die Gnitzen auf der Suche nach ihren Opfern hauptsächlich durch ihren Geruchssinn. Sie sind in der Lage, CO² zu riechen. Da warmblütige Lebewesen beim Ausatmen CO² in die Umgebungsluft freisetzen, brauchen die kleinen Blutsauger nur dem Geruch zu folgen, um ein Opfer für ihre Blutmahlzeit zu finden.

Aber es gibt noch einen weiteren Geruch, der die Verursacher des Sommerekzems bei Pferden fast magisch anzieht: der Geruch von Urin. Das ist evolutionsbiologisch gesehen sinnvoll, weil CO² in Kombination mit Urin auf das Vorhandensein von Weidetieren schließen lässt. Optisch scheinen die für uns relevanten Culicoides Mücken sich bewegende dunkle Objekte zu bevorzugen.

Das macht ebenso Sinn wie die Ortung ihrer Opfer durch den Geruch von CO² und Urin. Da Gnitzen vor allem dämmerungsaktiv sind, heben sich Weidetiere – und Menschen – als dunkle Objekte vor dem dämmerigen Hintergrund ab. Schwarzlicht-Fallen ziehen Culicoides ebenso an wie viele andere Mücken. Sie töten aber auch Insekten, die für die Landwirtschaft nützlich sind.

Wissenschaftler forschen deshalb zu nachhaltigen Gnitzen Fallen – ganz speziell auf Culicoides Unterarten zugeschnitten, die bei Tierhaltern und Menschen Schäden anrichten. Mittlerweile haben sie herausgefunden, dass weder einzelne Komponenten von CO² noch einzelne Geruchskomponenten von Urin ausreichen, um die verhassten Blutsauger anzulocken. Nur die Kombination der von echtem Urin und CO² zeigt ein erfolgversprechendes Ergebnis.

Abwehr von Gnitzen beim Pferd

Nachdem die Impfung gegen Sommerekzem bei Pferden in Deutschland immer noch auf ihre Zulassung wartet, bleiben Pferdehaltern nur die bislang üblichen Mittel, um ihre Pferde gegen Gnitzen zu schützen. Hier eine Liste der effektivsten Methoden zum Schutz gegen das Sommerekzem:

 

  • Ekzem Pferde vor der Dämmerung aufstallen
  • Boxen und Weidezelte mit Ventilatoren ausrüsten
  • Fenster von Boxen mit feinmaschigem Moskitonetz schützen
  • Eingänge von Weideunterständen mit Flatterband ausrüsten
  • Ekzemern gut anliegende Decken mit Halsteil anziehen
  • Beine von Ekzem Pferden mit Fliegengamaschen schützen
  • Matschige Stellen auf der Weide mit Sand auffüllen
  • Koppeln so oft wie möglich abmisten
  • Ekzemer weit weg vom Misthaufen unterbringen

FAZIT

Gnitzen verursachen nicht nur Schäden bei Viehzüchtern, sie können auch Freizeitreitern mit Pferden in Offenstallhaltung ernsthafte Probleme bereiten. Einzelne Gnitzen Bisse beim Menschen sind in unseren Breiten lediglich unangenehm, bergen aber keine weiteren Gefahren. Bei Pferden können sie allerdings ein Sommerekzem verursachen – oder schlimmstenfalls auch die Afrikanische Pferdepest übertragen.

Zum Glück gibt es zu diesem Thema mittlerweile einige neue Entwicklungen in der Wissenschaft. Bald werden wohl die Folgen von Gnitzen Stichen einfacher zu kontrollieren sein, als es heute noch der Fall ist. Wir wissen, wie verzweifelt die Halter von Pferden mit Sommerekzem auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse hoffen. Deshalb bleiben wir am Ball. Das Medizin-Team von Trabland durchforstet regelmäßig die einschlägigen Publikationen und hält dich auf dem Laufenden.

 

 

Quellenangaben

https://cordis.europa.eu/article/id/188619-urine-traps-against-biting-midges/de

https://www.rote-liste-zentrum.de/de/Gnitzen-Diptera-Ceratopogonidae-1743.html

https://www.msdvetmanual.com/horse-owners/skin-disorders-of-horses/flies-and-mosquitoes-of-horses

https://www.msdvetmanual.com/integumentary-system/flies/biting-midges-of-animals

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7400431/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/6714213/

https://flexikon.doccheck.com/de/Culicoides

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