Wer sich genauer in der Pferdewelt umsieht, stellt schnell fest: Reiterhof ist nicht gleich Reiterhof. Die einzelnen Betriebe unterscheiden sich anhand ihrer Haltungsform, der Zielgruppe, der Reitweise und ihrer Philosophie.
Um sich in einem Reitstall wirklich rundum wohlzufühlen, ist es wichtig, einen Hof zu wählen, der perfekt zu einem selbst passt.
Ein Dressurreiter der gehobenen Klasse ist in einem Ponystall à la Immenhof völlig fehl am Platz. Und nicht jeder Reitstall bietet Anfängern und Kindern das perfekte Ambiente. Und dann gibt es noch Ställe für Pferde und Menschen mit Handicap.
In fast jeder größeren Stadt gibt es einen oder auch mehrere Reitvereine. In der Regel verfügen diese über einen Reitlehrer und Schulpferde, denn die Nachwuchsförderung ist hier eine Herzensangelegenheit. Die Teilnahme am Unterricht steht einer breiten Bevölkerungsschicht offen. Zusätzlich sind Pensionspferde eingestallt.
Die meisten traditionellen Reitvereine fühlen sich der Englischen Reitweise mit den Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit verbunden. Häufig ist auch Voltigieren im Angebot. Nur noch selten gibt es in den Reit- und Fahrvereinen Mitglieder, die im Fahrsport aktiv sind. Manchmal trainieren Englisch- und Westernreiter auf dem Reiterhof unter einem Dach.
In den meisten Reitvereinen stehen die Pferde konventionell in Einzelboxen. Paddocks und Koppeln gehören mittlerweile zum Standard auf dem Reiterhof. In einigen Ställen gibt es zudem Außen- und Paddockboxen oder Offenstallplätze.
Es steht ein umfangreiches Equipment mit Reithalle, Reitplatz und manchmal auch mit Führanlage und Solarium zur Verfügung. Viele Reitvereine veranstalten regelmäßig Turniere. Die Sportreiter starten für ihren Verein. Weihnachtsfeiern, Sommerfeste und Mitgliederversammlungen runden das Veranstaltungsangebot ab.
Es gibt neben den Reitvereinen auch Reitschulen, die keinem Verein angehören und regelmäßig Unterricht für Anfänger und Fortgeschrittene anbieten. Hierbei steht es den Reitschülern frei, sich einem Verein anzuschließen.
Für den Start bei Turnieren oder für das Absolvieren von höheren Reitabzeichen ist eine Vereinsmitgliedschaft essenziell. Auch diese Reitschulen können Turniere, Veranstaltungen und Co auf ihrem Reiterhof anbieten.
Meistens wird die Reitschule mit einem Pensionsbetrieb kombiniert.
Therapeutische Reitbetriebe bieten ebenfalls ihre Dienste an. Diese Reiterhöfe richten ihr Angebot an körperlich, geistig oder psychisch eingeschränkte Menschen. Vor allem Kinder mit Entwicklungsstörungen profitieren vom Therapeutischen Reiten. Das Therapeutische Reiten unterteilt sich in verschiedene Sparten.
Die Hippotherapie ähnelt zum Beispiel der Physiotherapie, gestützt durch die Pferde und hilft in erster Linie bei körperlichen Beeinträchtigungen.
Beim Heilpädagogischen Reiten steht vor allem die psychische und soziale Entwicklung im Vordergrund. Der Umgang mit dem Pferd nimmt hier viel Raum ein.
Viele Pädagogische Reitbetriebe arbeiten hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen mit traumatischen Erlebnissen oder sozialen Defiziten.
Immenhof lässt grüßen! Auf diesem Reiterhof geht es turbulent zu. Neben den Ponys tummeln sich hier viele Kinder ab dem Vorschulalter. Auf dem abwechslungsreichen Programm stehen Unterrichtsstunden, Ausritte, Spiele und Ponyführen. Ihren Dienst verrichten brave und geduldige Kleinpferde.
Sportliche Höchstleistungen sind weniger gefragt, denn der Spaß steht an erster Stelle. Dennoch bieten etliche Ponyhöfe die Möglichkeit zum Erwerb verschiedener Reitabzeichen und zur Turnierteilnahme.
Oft ist der Ponyreitstall zugleich ein Ferienhof. Hier verbringen etwas größere Kinder ab etwa acht Jahren ihre Ferien ohne Eltern. Außerdem gibt es Ferienreiterhöfe mit Großpferden, die sich auch für Erwachsene eignen.
Wer seinen Urlaub mit dem eigenen Pferd auf einem Reiterhof buchen möchte, profitiert von den Gastboxen.
Wanderreitstationen bieten Übernachtungsmöglichkeiten für nur ein oder zwei Nächte. Nach einem kurzen Aufenthalt setzen Pferd und Reiter ihre Reise fort.
Ausbildungsställe für Pferde stehen unter der Leitung eines professionellen Bereiters. Dieser verfügt entweder selbst über eine Reitanlage oder ist Pächter eines Reitstalls. In einem Berittstall sind in erster Linie Jungpferde für die Zeit der Ausbildung untergebracht.
Die Grundausbildung dauert meist zwischen drei und sechs Monate. Auch der Korrekturberitt von Problempferden und die Fortbildung von Sportpferden bis zur gewünschten Ausbildungsreife sind möglich. Viele Bereiter stellen die Tiere auf Turnieren vor.
Es gibt sowohl Ausbildungsställe für die Englische Reitweise als auch für das Westernreiten und alternative Methoden. Für jede Reitweise ist der passende Reiterhof mit Beritt zu finden.
Ein guter Berittstall verfügt über exzellente Trainingsmöglichkeiten mit Reitplatz und Reithalle. Die Pferde stehen zumeist in Einzelboxen und auf Einzelpaddocks. Aufgrund der zeitlich befristeten Unterbringung auf dem Reiterhof lohnt sich die Eingliederung in eine Herde in der Regel nicht. Nach Absprache ist es möglich, das eigene Pferd zu besuchen, gegebenenfalls zu reiten und sich dabei anleiten zu lassen. So entwickelt man sich gemeinsam mit seinem Tier weiter.
Bei manchen Ausbildungsställen handelt es sich gleichzeitig um Verkaufsställe. Der Stallbetreiber kauft in diesem Fall die Jungpferde roh, bildet sie aus und verkauft sie eingeritten weiter. Bei anderen Reiterhöfen kann man sein Pferd zum Verkauf in Kommission geben. Der Betrieb kümmert sich neben dem Verkauf auch um die Weiterbildung des Pferdes, damit es ein passendes zuhause findet.
Neben den Reitvereinen und den Privathöfen mit Pachtgrund gibt es Landwirte, die einen Reiterhof mit Pensionspferdehaltung betreiben. Im Gegensatz zu den meisten Turnierställen und Reitvereinen produziert der Landwirt das Futter für seine Pensionspferde selbst.
Er muss kein Heu oder Einstreu dazukaufen und kümmert sich eigenständig um die Mistentsorgung. Viele dieser Pensionsbetreiber besaßen früher Rinder, Schafe oder anderes Vieh und bauten ihre Stallanlagen pferdegerecht um. In manchen Fällen handelt es sich um Traditionsbetriebe, die schon immer Pferde auf ihrem Hof hielten.
Die Pferde sind in Boxen- oder Gruppenhaltung untergebracht. Viele Landwirte verfügen über einen oder mehrere Offenställe. Typisch für einen solchen Reiterhof sind großzügig gestaltete Graskoppeln und eine ländliche Lage.
Pferdepensionen dieser Art befinden sich entweder in Stadtrandnähe oder in dörflicher Umgebung. Im Lauf der Zeit erweiterten viele Landwirte ihre Ausstattung, sodass teilweise Reithallen, Reitplätze und Führanlagen zur Verfügung stehen.
So manche Pferdepension mauserte sich im Lauf der Zeit zu einer komfortablen Reitanlage, die neben Freizeitreitern, die überwiegend im Gelände unterwegs sind, auch Sportlern optimale Bedingungen bietet.
Ein Gestüt dient der Pferdezucht. Neben mehreren Zuchtstuten verrichten hier oft auch Deckhengste ihren Dienst. Die meisten dieser Zuchtbetriebe sind auf eine Pferderasse spezialisiert. Es gibt zum Beispiel Isländer-, Haflinger- und Hannoveranergestüte.
Oftmals bietet ein Gestüt die Möglichkeit der Haltung von Zuchtstuten, der Besamung von Gaststuten und die Aufzucht von Absetzern und Jungpferden an. Bei einigen Gestüten kann man auch Tiefkühlsperma für seine Stute bestellen.
Für alte und nicht mehr oder nur noch bedingt reitbare Pferde gibt es Gnadenhöfe. Hier landen Pferde, deren Vorbesitzer keine Möglichkeiten hatten, die Tiere weiterhin artgerecht zu halten. Viele dieser Tierschutzhöfe finanzieren sich durch Spenden und Patenschaften.
Andere wiederum verdienen einen Teil des Lebensunterhalts für ihre Pferde durch einfache Reit- und Freizeitangebote. So finden zum Beispiel regelmäßig Sommerfeste, Flohmärkte und andere Veranstaltungen statt. Pferde, die noch fit genug sind, sind häufig als Führpferd für Kinder, in der Reittherapie oder bei kleineren Ausritten im Einsatz. Dadurch kommt ein bisschen Geld in die Kasse.
Ein besondere Betrieb, der sich um bedürftige Pferde kümmert ist die Pferdeklappe in Schleswig-Holstein
Darüber hinaus gibt es Reiterhöfe für spezielle Bedürfnisse. Auf einem Reiterhof für Allergie- und Asthmapferde leben Tiere mit COPD und Heustauballergie. Sie profitieren von einer speziellen Fütterung mit angefeuchtetem oder bedampftem Heu oder Silage.
Auch die Einstreu ist extra Staub arm. Einstellplätze für Rehepferde mit besonderen Fütterungsansprüchen ergänzen das Angebot. Bei Pferden und Ponys mit Hufrehe ist der Weidegang stark eingeschränkt. Sie erhalten Weidegras mit einem geringen Anteil an Fruktane.
Oftmals bieten verschieden Formen der Reiterhöfe Allergikerplätze in ihrem Pensionsbetrieb an und sind nicht ausschließlich auf die Haltung von Allergikerpferden spezialisiert.
Die Ansprüche der Pferdeliebhaber sind so grundverschieden wie die Reiterhöfe. Viele der Reiterhöfe sind auf bestimmte Reitweisen spezialisiert oder bieten eine besondere Haltungsform. Es gibt Westernställe, Turnierställe für Englischreiter sowie ein Angebot für Freizeitreiter. Zahlreiche Reiterhöfe vereinen aber auch verschiedene Sparten unter einem Dach.
So ist zum Beispiel in vielen konventionellen Vereinsställen die Teilnahme am Therapeutischen Reiten möglich oder es finden regelmäßig Horsemanship-Lehrgänge oder Trainingseinheiten durch externes Personal statt.
Oft pachten Reitlehrer, Bereiter und Reittherapeuten mehrere Boxen oder auch einen Stalltrakt und sind so mit ihrem Angebot vor Ort präsent. Viele Reiterhöfe profitieren von diesen Dienstleistungen und erweitern so ihr Portfolio. Es gibt Turnierställe mit konventioneller Einzelhaltung in vorzugsweisen Paddockboxen oder besonders artgerechter Herdenhaltung in modernen Aktivställen mit automatisierter Fütterung sowie Reitvereine und Privatställe, die gleichzeitig als Wanderreitstation einzelne Gastboxen oder Urlaubsplätze bieten.
Kurzum, die Übergänge zwischen den einzelnen Betriebsformen sind oft fließend. Bei der Suche nach einem passenden Reiterhof ist Intuition gefragt. Es lohnt sich, mehrere Stunden oder Tage in dem Stall zu verbringen, um ein Gefühl für das Ambiente zu entwickeln. Am besten lässt man alles ruhig auf sich wirken und besucht den Reiterhof bei Bedarf mehrmals. Neben dem Dienstleistungsangebot und der Ausstattung ist ein angenehmes Betriebsklima wichtig.