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Pseudonarkolepsie bei Pferden mit Schlafmangel

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Inhaltsverzeichnis

Seit Ende 2015 fangen Veterinärmediziner an zu zweifeln, ob die mysteriöse Schlafkrankheit bei erwachsenen Pferden und anderen Einhufern tatsächlich als „adulte Narkolepsie“ bezeichnet werden sollte.

Die damalige Doktorandin C. Fuchs hatte zu diesem Zeitpunkt ihre aktuellen Arbeiten zur artgemäßen Tierhaltung unter dem Titel „Narkolepsie – oder liegt mein Pferd nie?“ publiziert. Dabei prägte sie den Begriff „Pseudonarkolepsie beim Pferd“.

Ihre eingehenden Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass die plötzlichen Zusammenbrüche erwachsener Tiere eher durch einen REM-Schlafmangel als durch „echte Narkolepsie“ ausgelöst werden. Seitdem wird das Thema näher unter die Lupe genommen.

Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion

Was ist Pseudonarkolepsie beim Pferd?

„Echte Narkolepsie“ oder juvenile Narkolepsie ist eine neurologische Krankheit, die bei Pferden eher selten auftritt. Sie zeigt sich bei Fohlen schon in den ersten Monaten ihres Lebens. Die betroffenen Tiere wirken oft extrem schläfrig und/oder brechen plötzlich zusammen. Ursache für die abnorme Schläfrigkeit und/oder die Kollapse liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Defizit von Neurotransmittern, die den Schlaf-Wach-Zyklus regeln. Bis 2023 gab es aber noch keine großangelegten Studien, die diese Annahme untermauern.

Wenn erwachsene Pferde die gleichen Symptome zeigen, wird bei ihnen zumeist eine sogenannte „adulte Narkolepsie“ diagnostiziert. Dabei gehen die abrupten Schlafanfälle bei Pferden im Erwachsenenalter so gut wie nie mit einem zu niedrigen Spiegel an Orexin (dem oben erwähnten Neurotransmitter) im Nervenwasser einher. Ihr Hcrt-1-Wert ist üblicherweise normal – und trotzdem kollabieren diese Tiere oft beim Dösen. In ihrer Studie bezeichnet Christiane Fuchs diese Schlafattacken ganz zu Recht als „Pseudonarkolepsie beim Pferd“, weil deren Schlafattacken auf andere Ursachen zurückzuführen sind.

Falls dein Pferd schon immer diese Schlafstörung hatte, kannst du mehr oder weniger davon ausgehen, dass es unter „echter Narkolepsie“ leidet. Diese Krankheit zeigt sich ja bereits im Fohlenalter. Pseudonarkolepsie bei Pferden entsteht aber erst im Laufe ihres Lebens – und je älter ein Tier wird, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten dieser Erkrankung. Das Gute dabei ist: Einem REM-Schlafmangel bei Pferden kann man gegensteuern. Eine „echte Narkolepsie“ ist hingegen schwer zu behandeln, auch wenn sie bei Fohlen während des Heranwachsens spontan ausheilen kann.

Ursachen und Risikofaktoren für Pseudonarkolepsie bei Pferden

Ein Kollaps beim Pferd kann viele verschiedene Ursachen haben. Die typischen Symptome einer Pseudonarkolepsie lassen jedoch darauf schließen, dass die betroffenen Tiere unter einer Schlaf-Deprivation (einem durch äußere Umstände verursachten Schlafmangel) leiden. Online-Befragungen haben ergeben, dass bei zahlreichen Pferden die ersten Symptome von Narkolepsie nach einem Stallwechsel aufgetreten sind.

Eine der wichtigsten Ursachen für Pseudonarkolepsie beim Pferd ist sozialer Stress. Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde festgestellt, dass bei einer Umstellung von Boxen- auf Offenstallhaltung viele erkrankte Pferde eine Verbesserung der Symptome zeigten. Tiere, die aus der Gruppenhaltung auf reine Boxenhaltung umgestellt wurden, zeigten zumeist eine Verschlimmerung der Symptome. Wenn du dir unsicher bist, ob du etwas an den Haltungsbedingungen deines Pferdes verändern sollst, kannst du es vielleicht mit einem Kompromiss versuchen: tagsüber Gruppenhaltung und nachts eine geräumige Box mit dickem Strohpolster.

Besonders interessant bei den Forschungen von Frau Blaszczik war, dass nicht hauptsächlich die rangniedrigeren, sondern eher die ranghöheren Pferde einer Gruppe unter einem REM-Schlafmangel litten. 45 % der Pferde in ihrer Studie waren ranghoch, 24 % waren rangniedrig und die übrigen 21 % gehörten in den mittleren Rangbereich. 10 % der untersuchten Tiere hatten keine direkten sozialen Kontakte. Ähnlich wie beim Menschen scheint für Pferde die Verteidigung einer hohen sozialen Stellung mit viel Stress einher zu gehen.

Die Studie von Frau Fuchs zeigte übrigens auch, dass Pseudonarkolepsie bei Pferden sehr häufig mit Verhaltensstörungen wie Weben oder Koppen verbunden ist. Knapp 25 % der untersuchten Tiere zeigten Stereotypien, die ein sicheres Anzeichen für psychischen Leidensdruck sind. Deutschlandweit liegt der Anteil an verifizierten Fällen von Koppen oder Weben bei 6,5 % aller erfassten Pferde. Neben Umwelt- und Psychostress kommen aber auch orthopädische Probleme wie Arthrose oder andere Erkrankungen als Auslöser für eine Pseudonarkolepsie beim Pferd infrage.

Diagnostik von vermuteter Pseudonarkolepsie beim Pferd

Um zwischen einer Narkolepsie und einer Pseudonarkolepsie beim Pferd zu unterscheiden, wird ein Veterinärmediziner es zuerst auf seinen Allgemeinzustand, die PAT-Werte und eventuell vorhandene Verletzungen oder Narben untersuchen. Sofern er eine Narkolepsie vermutet, wird er wahrscheinlich eine kleine Menge Nervenwasser entnehmen und diese auf den Mangel eines bestimmten Neurotransmitters (Botenstoffs) untersuchen lassen. Pferde mit Narkolepsie zeigen einen Mangel an Hypocretin-1, was bei Tieren mit Pseudonarkolepsie oder anderen Erkrankungen eher nicht der Fall ist.

Wahrscheinlich wird dir der Tierarzt viele Fragen zum Verhalten deines Pferdes, seiner Vorgeschichte und zur Pferdehaltung in eurem Stall stellen. Außerdem kann er nach Absprache Untersuchungen vornehmen, die Schmerzen aufgrund anderer Erkrankungen wie Arthrose, Kissing Spines oder Hufrollensyndrom ausschließen. Solche Schmerzen können dazu beitragen, dass sich dein Pferd nur ungern hinlegt und deshalb unter einem REM-Schlafmangel mit daraus resultierenden Kollapsen leidet. Wenn sämtliche Alternativen (Differentialdiagnosen) ausgeschlossen sind, kannst du davon ausgehen, dass du es mit einer Pseudonarkolepsie beim Pferd zu tun hast.

Behandlung einer Pseudonarkolepsie bei Pferden

Wenn es keine körperlichen Ursachen für einen REM-Schlafmangel bei Pferden gibt, sollten die Haltungsbedingungen unter die Lupe genommen werden. Entsprechen die Liegeflächen den gesetzlichen Vorgaben für Pferdehaltung im Offenstall? Ist die Grundfläche der Boxen groß genug? Ist die Einstreu der Liegeflächen trocken und verformbar? Laut einer Studie legen sich Pferde mit Schlafstörungen am liebsten auf dicke Stroh-Einstreu.

Verträgt sich das betroffene Pferd gut mit seinen Stallkameraden oder giftet es seine Boxennachbarn an? Wird es auf der Weide oder im Gruppenauslauf gemobbt? Oder kämpft es andauernd darum, seinen Platz in der Rangordnung zu verbessern? Vielleicht ist es ja auch neu in der Gruppe und hat deshalb ähnlichen Stress wie ein Kind, das nach einem Umzug in eine andere Schule kommt. Oder es wird häufig zu Turnieren und anderen Events transportiert. Es gibt unzählige Faktoren, die sich auf das Schlafverhalten von Pferden auswirken können.

Krankheitsverlauf / Prognose einer Pseudonarkolepsie beim Pferd

Für Pferdehalter ist ein REM-Schlafmangel bei ihrem Pferd zu Anfang nur schwer zu erkennen. Die meisten Pferde liegen hauptsächlich nachts, weshalb es kaum auffällt, wenn ein Tier das Liegen vermeidet. Einige Studien gehen zwar davon aus, dass Pferde auch im Stehen extrem kurze REM-Schlafphasen durchlaufen können. Sie reichen aber nicht aus, um das REM-Schlafbedürfnis der Tiere abzudecken.

Erst wenn der REM-Schlafmangel so übermächtig wird, dass Pferde aus dem Dösen im Stehen zusammenbrechen, wird das Problem offensichtlich. Dabei ist die Früherkennung einer Pseudonarkolepsie bei Pferden sehr wichtig. Wenn die auslösenden Ursachen über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, kann es nämlich passieren, dass sich das abnorme Schlafverhalten eines Pferdes automatisiert. Betroffene Tiere vermeiden das Liegen selbst dann, wenn es keine Umweltreize mehr gibt, die eine erhöhte Fluchtbereitschaft erfordern könnten.

Vorbeugung gegen Pseudonarkolepsie bei Pferden

Gesundheitschecks durch einen Fachtierarzt für Pferde oder Tierheilpraktiker und regelmäßige Termine mit dem Hufschmied / Hufpfleger können dazu beitragen, bestimmte körperliche Ursachen für Pseudonarkolepsie gar nicht entstehen zu lassen. Gleichzeitig solltet du dir aber auch die Zeit nehmen, um eine gewisse Achtsamkeit im Umgang mit deinem Pferd zu entwickeln. Du kannst dir zum Beispiel sein tägliches Leben anschauen, wenn es nicht direkt mit dir zusammen ist.

Setz dich einfach mal öfters neben den Zaun oder in Sichtweite seiner Box. Soziale Verhaltensweisen von Pferden sind live viel aufschlussreicher als entsprechende Beiträge im Internet. Training macht nur dann Sinn, wenn du genau weißt, wie es deinem Pferd geht. Was hilft es zum Beispiel, am Muskelaufbau für einen Wanderritt zu arbeiten, wenn ein Pferd wegen seiner Alltagssituation psychisch völlig ausgepowert ist? Mit der Zeit wirst du bestimmt feststellen, dass auch Pferdehalter vom Beobachten ihrer Tiere profitieren – zum Beispiel durch Entschleunigung.

 

Quellenangaben

https://ceh.vetmed.ucdavis.edu/health-topics/narcolepsy

https://www.veterinary-practice.com/article/sleep-deprivation-in-horses

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9428463/

https://www.scientificamerican.com/article/horses-stand-up-to-sleep-but-lie-down-perchance-to-dream/

https://www.cavallo.de/medizin/test-wie-gut-schlaeft-mein-pferd/

https://www.dr-med-vet-klein.de/Fachthemen_REM-Schlaf/REM.html

Facharbeit Franziska Ziegler „Pseudo-Narkolepsie bei Pferden“

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