Von Susanne Krauzig, Erstveröffentlichung am 27.08.2024 - Laut Bundesgesundheitsministerium gehört das West Nil Fieber zu den exotischen Infektionskrankheiten. Es kann bei Vögeln, Pferden oder Menschen auftreten. Allerdings können nach dem heutigen Stand der Wissenschaft weder Mensch noch Pferd das West Nil Virus weiterverbreiten. West Nil Fieber wird durch den Speichel verschiedener Mückenarten übertragen. In Deutschland gibt es mittlerweile immer mehr Risikogebiete, in denen sich diese anzeigepflichtige Tierseuche verbreitet. Hier findest du aktuelle Daten und Fakten zum Thema West Nil Fieber beim Pferd. Dieser Beitrag ist auf dem Stand Ende Juli 2024. Er wird regelmäßig aktualisiert.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Eng verwandt mit dem Erreger der FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) gehört das West Nil Virus zu den sogenannten „RNA-Viren“. Es wurde schon 1937 im heutigen Uganda als Erreger einer fiebrigen Infektion entdeckt. Die Infektion mit diesem Erreger wird deshalb auch als West Nil Fieber bezeichnet. Das West-Nil-Virus (von Tierärzten kurz WNV genannt) infiziert nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft ausschließlich Vögel, Menschen oder Pferde.
2018 trat das West Nil Virus erstmalig in Deutschland auf. Das Tierseuchen-Informationssystem TSIS registriert regelmäßig neue dokumentierte Infektionen. Da eine Infektion mit dem West Nil Virus beim Pferd aber größtenteils asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome) verläuft, dürfte die Dunkelziffer wahrscheinlich wesentlich höher liegen als die in den Statistiken des TSIS belegten Fälle.
Mehr als 90 % der Infektionen bei Tieren wurden aus den aktuellen West-Nil-Virus Risikogebieten gemeldet. Dazu gehören die Bundesländer Berlin, Berlin-Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In Deutschland fällt WNV bei Pferden unter die anzeigepflichtigen Tierseuchen. Das mag seinen Grund darin haben, dass 1999 eine regelrechte West Nil Virus Epidemie in den USA ausgebrochen war.
Innerhalb weniger Jahre verbreitete sich das Virus in fast allen Pferdebeständen Nordamerikas. Da die Infektion mit dem West Nil Virus bei Pferden teilweise tödliche Komplikationen verursachte, wurde damals nach einem Impfstoff geforscht. Die Wissenschaftler wurden fündig. Seitdem gibt es mehrere verschiedene Impfungen gegen das West Nil Virus beim Pferd auf dem Arzneimittelmarkt. Für Menschen gibt es allerdings bisher noch keine zugelassenen Impfungen in Deutschland.
Das West Nil Virus ist ein sogenanntes „Arbovirus“. Dieser Ausdruck steht für die englische Bezeichnung „anthropod-borne virus“, der für Viren gilt, die von Insekten auf ihren Wirt übertragen werden. Die eigentlichen Wirte für das West-Nil-Virus sind Vögel. In unseren Breiten geht es dabei hauptsächlich um Amseln oder Spatzen, wobei auch Greifvögel infiziert werden können.
Sticht eine Mücke nun einen infizierten Vogel, trägt sie ab diesem Moment das Virus in sich. Sie wird zum Vektor für die Übertragung des West Nil Virus auf Pferde. Sie hat denselben Job wie die Spritze bei einer Impfung: Sie wirkt als Transportmittel, mit dem Krankheitserreger oder andere Stoffe verbreitet werden.
Wenn es nach dem Erreger des West-Nil-Fiebers ginge, würden Stechmücken ausschließlich Vögel anvisieren, weil sich das West Nil Virus beim Pferd oder beim Menschen nicht ausreichend vermehren kann, um die Infektionskette in Gang zu halten. Bei Menschen oder Pferden landet das Virus in einer Sackgasse. Falls es zu keinen unerwarteten Mutationen kommt, kann sich das West Nil Virus auch 2024 nur durch Vögel verbreiten.
Nur bei ungefähr 10 % der infizierten Pferde treten erkennbare Symptome auf. In der Anfangsphase einer Infektion mit dem West Nil Virus beim Pferd können nur die wenigsten Pferdebesitzer irgendwelche Auffälligkeiten feststellen. Etwaige West Nil Virus Symptome kurz nach der Ansteckung können zum Beispiel Mattigkeit und Appetitlosigkeit sein.
Einige Pferde bekommen auch ziemlich hohes Fieber. Kritisch wird es dann, wenn das WNV das Zentrale Nervensystem (ZNS) infiziert. Die betroffenen Pferde entwickeln daraufhin eine Hirnhaut- oder eine Hirnentzündung. Dabei zeigen sich auffällige neurologische Symptome.
Hier eine Liste von möglichen West Nil Virus Symptomen bei Pferden, deren Zentrales Nervensystem infiziert wurde:
Es gibt aber auch andere Erkrankungen, die solche neurologischen Symptome verursachen können. Deshalb ist es beim Verdacht auf eine Infektion mit dem West Nil Virus beim Pferd unbedingt notwendig, einen erfahrenen Tierarzt hinzuzuziehen.
Nach einer ausführlichen Anamnese (Befragung des Pferdehalters oder -besitzers) wird dein Tierarzt wahrscheinlich zuerst eine allgemeine Untersuchung bei deinem Pferd vornehmen. Ihr folgt dann eine spezielle neurologische Untersuchung. Durch eine Laboruntersuchung können Veterinärmediziner das Vorhandensein von Antikörpern gegen das West Nil Fieber nachweisen und so ihre vorläufige Verdachtsdiagnose bestätigen lassen.
Allerdings dauert es ein paar Tage, bis die Testergebnisse eintreffen. Es ist aber das sicherste Mittel, um Pferdekrankheiten auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können. Infrage kommende Differenzialdiagnosen (mögliche ähnliche Pferdekrankheiten) sind unter anderem:
Wie bei den meisten anderen Vireninfektionen gibt es bislang noch keine Therapie, die das West Nil Virus beim Pferd direkt bekämpfen kann. Dein Tierarzt muss sich im Fall einer akuten Erkrankung damit begnügen, die auftretenden Symptome zu behandeln und zu lindern. Wahrscheinlich wird er – neben anderen Medikamenten, die speziell auf die Symptome deines Pferdes zugeschnitten sind – Entzündungshemmer gegen die vom West-Nil-Virus verursachten Infektionen verabreichen.
Wenn das WNV beim Pferd das Zentrale Nervensystem unterwandert hat, ist es wichtig, die betroffenen Tiere an einen sicheren Ort zu bringen, um Verletzungen vorzubeugen. In diesem Fall ist die Aufstallung in einer Box zur Sicherheit deines Pferdes absolut gerechtfertigt. Sollte dein Pferd schwere neurologische West-Nil-Virus Symptome zeigen, kannst du zusätzlich die Boxenwände mit stoßdämpfenden Materialien wie gebrauchten Matratzen oder anderen dicken Polstern verkleiden.
Das Wichtigste zur Vorbeugung einer Infektion mit dem West Nil Virus beim Pferd sind konsequente Maßnahmen gegen Stechmücken. Wenn der Vektor nicht an dein Pferd herankommt, gibt es auch keine Ansteckung mit dem Virus. Wahrscheinlich verwendest du im Sommer ohnehin Fliegenspray und/oder eine geeignete Decke zum Fliegenschutz.
Ekzemerdecken gewähren übrigens den besten Insektenschutz, auch wenn sie etwas mehr kosten, als handelsübliche Fliegendecken. Davon abgesehen solltest du auch noch dein Möglichstes tun, um den Mücken keine Brutstätten zu bieten. Falls du irgendwo Wassertonnen stehen hast, solltest du sie entweder abdecken oder zumindest ein Mal pro Woche das Wasser austauschen. Pfützen kannst du mit Kies oder Sand auffüllen, damit dort kein Wasser stehen bleibt.
Alles, worin sich Regenwasser sammeln könnte, sollte entweder ins Trockne gebracht, entsorgt oder umgedreht werden. Wenn möglich, biete deinem Pferd einen dunklen Unterstand an, der am Eingang mit Flatterband ausgestattet ist. Außerdem kannst du Schwarzlicht-Insektenfallen außerhalb der Reichweite von Pferden anbringen. Wenn du sie in der Dämmerung aktivierst, töten sie hauptsächlich Stechmücken. Und dann gibt es natürlich auch noch die West Nil Impfung für Pferde.
Für den Menschen ist bisher noch keine Impfung zugelassen, obwohl dieses Jahr in Europa bereits (Stand laut ECDC Ende Juli 2024) bereits acht Todesfälle aufgrund einer Infektion mit dem West Nil Virus zu verzeichnen waren. Spitzenreiter mit fünf Todesfällen und 31 belegten Infektionen durch das West Nil Virus beim Menschen ist Griechenland. Um festzustellen, wie hoch die Durchseuchung bei Pferden ist, nehmen aktuell griechische Amtstierärzte Blutproben aus größeren Pferdebeständen.
Die erste West-Nil-Virus Impfung fürs Pferd wurde in den USA entwickelt, weil sich die Tierseuche dort rasant ausgebreitet hatte und zahlreiche Todesopfer forderte. Mittlerweile gehört sie in Amerika zu den Pflichtimpfungen (Core-Impfungen). Nach Einführung dieser Pflichtimpfung gab es einen massiven Rückgang erfasster Erkrankungen und Todesfälle durch das West Nil Virus bei Pferden. Gleichzeitig gab es dort aber keine wesentliche Veränderung der Statistiken über West Nil Fieber beim Menschen.
Also können wir davon ausgehen, dass die West Nil Impfung ein Pferd auch in Deutschland vor schweren Krankheitsverläufen schützen kann. Laut StiKo Vet sollte diese in West-Nil-Virus Risikogebieten im zeitigen Frühjahr – vor Beginn der Insektensaison – vorgenommen werden. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Injektionen im Abstand von etwa zwei Wochen. Die Kosten für eine West Nil Impfung liegen bei 80 € und darüber.
Aktuell gehören die Bundesländer Hamburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg zu den West-Nil-Virus Risikogebieten in Deutschland. Die StiKo Vet (Ständige Impfkommission Veterinärmedizin) empfiehlt aber auch West-Nil-Virus Impfungen in angrenzenden Bundesländern wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Hessen. Außerdem wird empfohlen, dass alle Pferde in nicht betroffenen Bundesländern, die voraussichtlich wegen Turnieren, Wanderritten, Seminaren oder Urlaub mit dem eigenen Pferd unterwegs sein werden, gegen das West-Nil-Virus geimpft sein sollten.
Hier die West-Nil-Virus Risikogebiete 2024 auf einen Blick:
Die Erfahrungen in den USA haben gezeigt, wie bedrohlich das West Nil Virus für Pferde sein kann. Eine Infektion mit dem West Nil Virus beim Pferd kann zwar symptomlos verlaufen, kann aber auch lebensbedrohlich sein oder bleibende neurologische Schäden verursachen. Solche schweren Krankheitsverläufe werden durch eine West Nil Virus Impfung bei Pferden massiv reduziert. Deshalb lohnt es sich, dein Pferd immunisieren zu lassen, wenn es häufiger unterwegs ist oder in einem der West-Nil-Virus Risikogebiete lebt.
Quellenangaben
https://www.ecdc.europa.eu/en/west-nile-fever/surveillance-and-disease-data/disease-data-ecdc
https://www1.wdr.de/nachrichten/west-nil-fieber-ausbreitung-italien-griechenland-100.html
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