Lahmheiten bei Pferden werden leider allzu oft erst dann erkannt, wenn es eigentlich schon zu spät ist, die Ursachen erfolgreich zu behandeln. Bei Pferden im Leistungssport wird danach häufig durch Injektionen schmerzlindernder und entzündungshemmender Medikamente eine gewisse Beschwerdefreiheit hergestellt, sodass sie noch für einen gewissen Zeitraum einsatzfähig bleiben.
Aber nicht jeder Reiter möchte ein Pferd reiten, das nur noch durch symptomatische Behandlung „funktioniert“. Wenn ein Pferd lahmt, das hauptsächlich freizeitsportlich geritten wird, sollte sich sein Halter auch mit anderen Optionen vertraut machen.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Lahmheit ist keine Krankheit an sich, sondern ein Symptom dafür, dass die Schmerzen einer – zumeist orthopädischen – Beeinträchtigung eines Pferdes seine individuelle Schmerzgrenze überschritten haben. Um seine Schmerzen zu reduzieren, verändert ein lahmendes Pferd seine natürlichen Bewegungsabläufe, Körperhaltungen und/oder Verhaltensweisen. Lahmheiten auf der Vorhand sind wesentlich häufiger anzutreffen als Lahmheiten auf der Hinterhand.
Wegen des großen Gewichts von Kopf und Hals tragen Pferde 60 % ihres Eigengewichts auf der Vorhand, was diese Gliedmaßen auch ohne zusätzliche reiterliche Belastung stark beansprucht. Die Tiere können die Belastung ihrer Vordergliedmaßen durch bestimmte Bewegungen von Kopf und Hals aktiv beeinflussen. Das hilft dem Tierarzt, eine Lahmheitsdiagnose eindeutig auf die Vorhand einzugrenzen. Bei der Diagnose einer Hinterhandlahmheit kann ein erfahrener Chiropraktiker oder Tierarzt stattdessen oft eine asymmetrische Bewegung der Kruppe beobachten.
Nach Angaben der Uelzener Pferde-Krankenversicherung gibt es bestimmte „Berufskrankheiten“ bei Pferden, die je nach ihrer Nutzung variieren. Dressurpferde lahmen häufig aufgrund von Problemen im Bereich des Fesselträgers. Aber auch Schäden an den knöchernen Bestandteilen des Fesselgelenks, Rückenprobleme oder die Überlastung des Unterstützungsbands können Ursachen dafür sein, dass ein dressurmäßig gerittenes Pferd lahmt.
Bei Westernpferden kommen Lahmheiten zumeist aus dem Sprunggelenk oder aus dem Kniegelenk der Hinterhand. Falls ein Western gerittenes Pferd auf der Vorhand lahmt, ist die Ursache oft eine Hufrollenentzündung. Wenn ein sportlich gerittener Isländer lahmt, wird bei ihm dagegen eher Spat diagnostiziert. Das liegt zum einen an der sportlichen Belastung, zum anderen aber auch an einer genetischen Disposition und/oder an Reitern, welche die Tragkraft der kleinen Tölter überschätzen.
Reine Freizeitpferde, die nicht gelernt haben, ihre Hinterhand zum Tragen des Reitergewichts zu aktivieren, leiden auch öfters an Spat. Aber Hufrollenentzündungen und Rückenprobleme sind ebenso Gründe dafür, dass Pferde lahmen, die ausschliesslich am langen Zügel geritten werden. Bei Springpferden ist es hingegen nicht verwunderlich, dass sie durch die extreme Belastung bei der Landung nach dem Sprung Hufgelenkerkrankungen auf der Vorhand entwickeln. Zudem haben sie oft Probleme mit den Kniegelenken und dem Fesselträger.
Außerdem gibt es noch unzählige andere Gründe, aus denen ein Pferd lahmen kann: angefangen von altersbedingten Erkrankungen wie Arthritis oder Arthrose über Traumata, Sehnenzerrungen oder Frakturen bis hin zu einem Hufgeschwür oder Hufrehe. Veterinärmedizinischen Laien kann es auch passieren, dass sie eine Ataxie beim Pferd mit einer Lahmheit verwechseln. Noch dazu können falscher Hufbeschlag oder unqualifizierte Hufbearbeitung ebenso Lahmheiten verursachen wie Mauke oder hochgradige Strahlfäule.
Hier eventuelle Ursachen für eine Lahmheit beim Pferd auf einen Blick:
Bei Mauke, Strahlfäule, Prellungen, Fremdkörpern in der Strahlfurche oder nach einem Gerangel auf der Weide kannst du zumeist selbst feststellen, warum dein Pferd lahmt. Anderenfalls solltest du im Interesse deines Pferdes professionelle Hilfe suchen. Im Fall von Strahlfäule, Mauke oder einem Nageltritt solltest du in jedem Fall überprüfen, ob die Tetanus-Impfung deines Pferdes noch gültig ist – ansonsten besteht ohne das Eingreifen eines Tierarztes eventuell Lebensgefahr für deinen Freizeitkameraden.
Offensichtlich gibt es nicht viele Reiter, die spüren oder sehen können, ob ihr Pferd lahmt. Mangelnder Schwung in der Bewegung, Taktunreinheiten und das Verweigern bestimmter Aufgaben können darauf hinweisen, dass ein Pferd Schmerzen hat. 2016 ergab eine Studie des „Animal Health Trust“ an Sportpferden, dass nahezu die Hälfte aller untersuchten Tiere ein unsauberes Gangbild zeigten, ohne dass ihre Reiter das bisher bemerkt hatten.
Wenn du erkannt hast oder vermutest, dass dein Pferd lahmt, solltest du von Fachleuten wie Tierärzten, Chiropraktikern, Pferdephysiotherapeuten oder Tierheilpraktikern die Ursachen abklären lassen. Je früher eine Lahmheit beim Pferd behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. 80 % aller Lahmheiten kommen aus dem Huf- oder Fesselbereich. Daher kommt auch der uralte Spruch unserer Vorfahren: „Ohne Huf kein Pferd“.
Unser Tipp: Als Erste-Hilfe-Massnahme bei allen Arten von Prellungen, Verletzungen oder Zerrungen hat sich bei uns eine Gabe von homöopathisch aufbereitetem Arnika in der Potenz D12 oder C30 bewährt. Bei heißen Schwellungen ist Kühlen auch nicht verkehrt.
Wer sich darin üben möchte, eine Lahmheit bei seinem Pferd zu erkennen, sollte dessen Beine in der Bewegung genau beobachten – auch, wenn es sie gleichmäßig belastet. Dabei wird er feststellen, dass es in jeder Gangart bei jedem Schritt für jedes Bein mehrere Bewegungsphasen gibt. Und jede dieser Phasen kann etwas darüber verraten, warum ein Pferd lahmt.
Phase 1: das Abstoßen
In der Vorwärtsbewegung stößt sich das Pferdebein mit dem Huf vom Boden ab und gewinnt dadurch an Schwung. Je mehr Schwung es hat, desto weniger muss es anschließend seine Muskeln aktiv zur Fortbewegung einsetzen. Wenn dein Pferd lahmt, stößt sich das betroffene Bein oft weniger kräftig vom Boden ab als das andere, um so Schmerzen zu verhindern oder zu verringern.
Phase 2: die Schwungphase
Hier „schwebt“ das Pferdebein erst in der Luft und streckt sich dann wieder dem Boden entgegen. Dazu braucht es auch Muskelkraft – aber die Strukturen des Beins werden dabei weniger belastet als beim Abstoßen oder beim Auffußen. Trotzdem gibt es auch Lahmheiten in der Schwungphase. Sie sind aber eher selten.
Phase 3: das Auffußen
Abhängig vom Gewicht des Pferdes, seiner Geschwindigkeit und der Bodenbeschaffenheit können beim Auffußen gewaltige Kräfte freigesetzt werden, denen Sehnen, Bänder, Gelenke und weitere Bestandteile des Bewegungsapparates widerstehen müssen. Sobald der Pferdehuf den Boden berührt, wirkt er wie eine Bremse und ist auch entsprechenden mechanischen Belastungen ausgesetzt. Die meisten Pferde lahmen beim Auffußen.
Wenn du dir die Zeit nimmst, dein Pferd ausgiebig zu beobachten, kannst du wahrscheinlich feststellen, in welcher Bewegungsphase dein Pferd lahmt. Falls es das Bein beim Auffußen entlastet, wird das im Fachjargon „Stützbeinlahmheit“ genannt. Falls es in der Schwungphase mit einem Bein weniger weit ausholt als mit dem anderen, nennt man das „Hangbeinlahmheit“. Beobachtungen und „Hinspüren“ beim Reiten können dir dabei helfen, frühzeitig zu erkennen, ob dein Pferd lahmt.
Fachtierärzte für Pferde gehen bei der Diagnose einer Lahmheit nach einem bestimmten Schema vor, das sich als besonders effektiv erwiesen hat. Sie erlernen diese Vorgehensweise, die ihnen ohne unnötigen Aufwand eine gesicherte Diagnose ermöglicht, während ihrem Studium. Dabei gehen sie schrittweise vor und schließen eine eventuelle Ursache nach der anderen aus.
Hier eine Zusammenfassung der möglichen Schritte bei einer Lahmheitsdiagnose am Pferd:
Diagnostische Anästhesie und/oder bildgebende Verfahren kommen immer dann zum Einsatz, wenn es auch nach den Provokationsproben noch nicht eindeutig klar ist, warum ein Pferd lahmt.
Wenn dein Tierarzt die Ursache der Lahmheit nicht eindeutig eingrenzen kann, macht es zumeist Sinn, einen Untersuchungstermin bei einer Pferdeklinik zu vereinbaren.
In Deutschland sind die Kosten von Behandlungen durch den Tierarzt in der Gebührenordnung für Tierärzte – kurz: GOT – festgeschrieben. Die GOT gibt aber nur einen finanziellen Rahmen vor, der unter bestimmten Umständen überschritten werden darf. Außerdem geht es bei den angegebenen Richtwerten nur um die tierärztliche Leistung selbst, nicht um weitere Kostenfaktoren wie Medikamente oder Anfahrtskosten.
Der einfache Satz für die Kosten einer Lahmheitsuntersuchung beim Pferd beträgt seit Herbst 2022 laut GOT exakt 50,73 €. Bei besonders zeitaufwändigen oder schwierigen Untersuchungen, an Sonn- und Feiertagen oder bei Notfällen wird das Ganze teurer. Das gilt zum Beispiel auch dann, wenn dein Pferd lahmt und seine Hufe weder dir noch dem Tierarzt geben will – und er unter Umständen einen kräftig gebauten, fachkundigen Helfer herbeirufen muss.
Lahmheitsdiagnose-Kosten können neben der reinen tierärztlichen Leistung Folgendes beinhalten:
Unser Tipp: Solange es sich nicht um einen Notfall handelt, solltest du mit deinem Tierarzt einen Untersuchungstermin unter der Woche vereinbaren, wenn dein Pferd lahmt.
Quellenangaben
https://www.vetmed.ucdavis.edu/news/how-do-you-know-if-horse-lame
https://www.acvs.org/large-animal/lameness-in-horses/
https://uelzener.de/magazin/pferd/tiergesundheit/pferd-lahmt/
https://www.pferde.de/magazin/studie-reiter-erkennen-lahmende-pferde-nicht/
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