Im Frühsommer und im Herbst ist Hauptsaison für Zecken. Die blutsaugenden Spinnentiere lassen sich bei Ausritten oder auf der Weide gern auf unsere Pferde fallen und verstecken sich an schwer zugänglichen Körperteilen. Der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) kann dabei Krankheiten wie Borreliose, Piroplasmose, Frühsommerenzephalitis und Anaplasmose an Pferde übertragen. Er braucht zwischen zwei und acht Tage, um seine Blutmahlzeit zu sich zu nehmen. Bis zu 10 % der verschiedenen Zeckenarten in Deutschland sind mit dem Bakterium infiziert. Es lohnt sich also, dein Pferd regelmäßig nach den kleinen Blutsaugern abzusuchen.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Equine Anaplasmose ist eine fieberhafte bakterielle Infektionskrankheit, bei der das Fieber zwischen sieben Tagen und mehreren Wochen andauern kann. Unbehandelt kann die Krankheit in manchen Fällen etwa zwei bis vier Wochen nach ihrem Ausbruch weitere Fieberschübe verursachen. Das gilt allerdings nur für Tiere, bei denen die Erkrankung einen akuten Verlauf zeigt. Studien belegen, dass Anaplasmose bei Pferden oft auch symptomlos verläuft.
Vor allem bei Jungpferden bis zum vierten Lebensjahr wurden häufig Antikörper gegen die Bakterien (Anaplasma Phagocytophilum) gefunden, obwohl es in ihrer Vorgeschichte keine offensichtlichen Krankheitsanzeichen gab. Je älter ein Pferd ist, desto schwerwiegender sind die Symptome einer Anaplasmosen-Infektion. Das von Schildzecken wie dem gemeinen Holzbock übertragene Bakterium kann nur innerhalb von Zellen überleben und wird deshalb nicht von Pferd zu Pferd weitergegeben (Stand 2020).
Ähnlich wie bei der Lyme Borreliose dient die Zecke dem Auslöser der Anaplasmose beim Pferd als Zwischenwirt. Hauptwirte sind kleine Nager wie Ratten oder Mäuse, an denen sich die Zecken infizieren. Anaplasmose ist eine Zoonose und somit auch auf Menschen übertragbar (humane granulozytäre Anaplasmose). Sie befällt auch Hunde und Wiederkäuer. Aktuell gab es aber noch keinen Nachweis dafür, dass sich Menschen bei infizierten Hunden oder Pferden angesteckt haben.
Pferde mit akuter Anaplasmose zeigen ähnlich unspezifische Symptome wie Pferde mit Borreliose. Im Unterschied zu dieser entwickeln sie aber bei Krankheitsbeginn ein hohes Fieber, das am zweiten Tag bis zu 41 °C erreichen kann. Dadurch kann dein Tierarzt die beiden Infektionskrankheiten zumeist auch ohne Laboruntersuchungen gut voneinander abgrenzen.
Einige Tage nach Einsetzen des Fiebers kommt es zu weiteren Beschwerden. In diesem Stadium wird bei Pferden mit Anaplasmose recht häufig Durchfall beobachtet. Aufgrund der einsetzenden Anämie gibt es öfters auch Einblutungen (Petechien), die vor allem im Bereich des Zahnfleischs sichtbar sind. Zudem weist häufig eine Gelbfärbung der Augäpfel (Ikterus) auf eine Überlastung der Leber hin.
Bei einigen betroffenen Pferden können sich auch Koliken, Lahmheit, Ataxien oder Ödeme (vor allem angelaufene Beine) entwickeln. Bei tragenden Stuten sind Aborte möglich, weil das Bakterium in der Lage ist, die Plazenta zu passieren. Das Spektrum der möglichen Symptome während einer Anaplasmose beim Pferd ist so breit gefächert, dass es kaum möglich ist, die Krankheit als veterinärmedizinischer Laie zu identifizieren.
Hier eine Liste der möglichen Symptome einer Anaplasmose beim Pferd:
Bisher war es noch nicht möglich, genau abzuklären, wie sich eine Anaplasmose beim Pferd entwickelt. Der Übertragungsweg durch infizierte Zecken ist bekannt. Es war aber bis 2020 noch nicht völlig klar, was genau in der Blutbahn eines Pferdes passiert, damit die Bakterien aus dem Zeckenspeichel in die Blutkörperchen eindringen können.
Die Anaplasmen befallen vorwiegend weiße Blutkörperchen. In der akuten Phase einer Infektion können bis zu 30 % der Blutplättchen eines Pferdes von Anaplasma Phagocytophilum besiedelt sein. Das Bakterium zerstört die befallenen Zellen und verursacht bei den betroffenen Pferden eine Anämie, die sich durch verschiedene Symptome bemerkbar macht (Details zu Symptomen einer Anaplasmose beim Pferd im folgenden Absatz).
Ein Tierarzt kann aufgrund seiner Beobachtungen und deiner Aussagen zur Krankengeschichte deines Pferdes bereits eine Verdachtsdiagnose stellen, die er durch einen Labortest (Giemsa-gefärbter Blutausstrich) weitgehend bestätigen lassen kann. Hundertprozentige Sicherheit für die Diagnose einer Anaplasmose beim Pferd liefert nur ein PCR-Test. Allerdings gibt es dabei ein nicht zu unterschätzendes Problem:
Es ist relativ selten, dass Pferdehalter die Krankheitsanzeichen in den ersten Tagen einer Anaplasmose am Pferd wahrnehmen. Als Fluchttier versucht ein krankes Pferd möglichst lange so zu tun, als wäre es fit und rundum gesund – ansonsten würde es die Aufmerksamkeit von Raubtieren auf sich ziehen. Wenn du dein Pferd nicht jeden Tag reitest, fällt es dir wahrscheinlich gar nicht auf, dass es eine erhöhte Körpertemperatur hat.
Damit ein PCR-Test für Pferde mit Anaplasmose einwandfrei funktioniert, sollten die Proben innerhalb der ersten Tage der Infektion abgenommen werden. Dann befindet sich nämlich die Konzentration der Bakterien auf dem Höchststand. Erfahrungsgemäß wird der Tierarzt aber erst dann gerufen, wenn sich im fortschreitenden Verlauf der Erkrankung weitere Symptome zeigen. Alternativ ist es auch möglich, Anaplasma Phagocytophilum durch Zellkulturen nachzuweisen, was allerdings ziemlich langwierig ist.
Nachdem die Sicherung einer Verdachtsdiagnose von Anaplasmose bei Pferden ziemlich langwierig ist, solltest du deinem Tierarzt die Möglichkeit geben, dein Pferd schon aufgrund seiner Erfahrung, seiner Beobachtungen und deiner Informationen zu behandeln – auch wenn die Diagnose noch nicht zu 100 % gesichert ist. Zumeist reicht in der akuten Phase eine einwöchige Therapie mit Tetracyclinen aus, um das Bakterium zu eliminieren.
Auch wenn Antibiotika die Darmflora deines Pferdes schädigen, ist es doch sicherer, in diesem Fall auf die „chemische Keule“ zu setzen, als ernsthafte Risiken für die Gesundheit deines Pferdes einzugehen. Die Darmflora kannst du nach abgeschlossener Antibiotika-Behandlung durch im Handel erhältliche Zusatzfuttermittel wieder aufbauen. Ein Schaden an Herz oder Leber ist aber wesentlich schwerer zu kurieren – wenn überhaupt.
Die Übertragung des Bakteriums Anaplasma Phagocytophilum durch eine infizierte Zecke ist ab etwa 24 Stunden nach dem Zeckenbiss möglich. Die ersten Krankheitsanzeichen von Anaplasmose bei Pferden sind Bewegungsunlust und Fieber, das bis zum zweiten – manchmal auch bis zum fünften – Tag der Infektion kontinuierlich ansteigt. Bei Jungpferden verläuft eine Infektion mit Anaplasmen häufig subklinisch: Sie entwickeln keine Krankheitssymptome.
Je älter das Pferd, desto deutlicher zeigt es weitere Symptome, die bei dieser Erkrankung auftreten können. Bei gesunden artgerecht gehaltenen Tieren mit einem guten Immunsystem schafft es der Organismus zumeist, die Infektion ohne weitere Unterstützung durch den Menschen erfolgreich zu bekämpfen. Trotzdem solltest du bei dem Verdacht auf eine Anaplasmosen-Infektion deinen Tierarzt kommen lassen, um die Situation professionell einzuschätzen.
Die leichte Verlaufsform einer Anaplasmosen-Infektion kann im Allgemeinen schon innerhalb einer Woche durch die Gabe von Antibiotika (Tetracyclinen) austherapiert werden. Wenn die Erkrankung erst relativ spät entdeckt wurde oder wenn das betroffene Pferd besonders starke Symptome zeigt, kann sich die Behandlung bis zu einem Monat hinziehen. Bisher wird davon ausgegangen, dass es keine chronische Form von Anaplasmosen bei Pferden gibt.
Die Todesrate von Pferden bei einer Anaplasmose-Infektion liegt unter einem Prozent. Falls ein Pferd während dieser Erkrankung stirbt oder eingeschläfert werden muss, liegt es zumeist nicht an der Krankheit selbst, sondern an Zusatzinfektionen und/oder Vorerkrankungen. Antikörper gegen Anaplasma Phagocytophilum treten frühestens sieben bis vierzehn Tage nach dem initialen Zeckenbiss auf. Deshalb macht es keinen Sinn, zu versuchen, die Krankheit im Frühstadium durch einen Antikörper-Test nachzuweisen.
Pferde mit Antikörpern gegen Anaplasmose sind etwa zwei Jahre lang gegen eine abermalige Erkrankung geschützt.
Bis zum Herbst 2023 waren weder im deutschsprachigen Raum noch in den USA Impfungen gegen Anaplasmosen bei Pferden auf dem Markt. Da die Infektion mit dem Bakterium Anaplasma Phagocytophilum aber bei den meisten Pferden unter tierärztlichem Monitoring komplikationslos verläuft, kannst du stattdessen dafür sorgen, dass dein Pferd ein gutes Immunsystem hat. Es dauert zwar eine Weile, bis die erkrankten Tiere spezifische Antikörper entwickeln, aber vorher werden auch andere Abwehrmechanismen aktiviert.
Unser Tipp: Sorge dafür, dass dein Pferd genügend Bewegung hat und so viel Zeit wie möglich unter freiem Himmel verbringen kann. Das Lauftier Pferd legt in freier Natur jeden Tag 20 bis 30 Kilometer in kleinen Etappen zurück. Zwischendurch frisst es mal hier – mal da genau das, was es in der aktuellen Jahreszeit braucht. Sein Organismus ist völlig an diese Lebensweise angepasst.
Wenn du deinem Pferd eine relativ artgerechte Haltung ermöglichst, entwickelt es nicht nur ein stärkeres Immunsystem und kann Infektionen wie Anaplasmose oder West-Nil-Fieber selbst bekämpfen. Es trainiert sich auch in einem gewissen Rahmen selbst, bekommt kräftigere Hufe und eine belastbarere Psyche, wenn es so leben kann, wie es „programmiert“ ist. Falls du keine Möglichkeit zur Offenstall- oder Weidehaltung hast, können bestimmte Futterergänzungsmittel manche Defizite durch die Stallhaltung reduzieren.
Quellenangaben
https://www.pferdeheilkunde.de/de/fundus/autoren/?uid=73&index=g
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29626656/
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