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Gibt es wirksame Therapien für ein Pferd mit Sommerekzem?

zuletzt aktualisiert 17.04.2024
Teaser Krankheiten
Foto © Trabland
Inhaltsverzeichnis

Sobald die Schönwettersaison beginnt, durchforsten zahllose Pferdehalter das Internet nach neuen Publikationen zum Thema „Insektenplage“. Sie besitzen Pferde mit Sommerekzem und hoffen, endlich auf einen zuverlässigen Bericht über wirksame Therapien zu stoßen.

Einigen Teammitgliedern bei Trabland geht es genauso: Sie sind Besitzer von Isländern, die bekanntlich häufig allergisch auf Insektenstiche reagieren. Also ist es auch ein bisschen Eigennutz, dass wir unsere Medizin-Redaktion um einen Fachbeitrag zu den neuesten Therapien für Pferde mit Sommerekzem gebeten haben. Aber natürlich profitieren alle anderen Halter von Ekzempferden ebenso davon, über den aktuellen Stand der Wissenschaft auf dem Laufenden zu sein.

Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion

Was tun, wenn sich dein Pferd mit Sommerekzem herumschlägt?

Wer niemals einen Ekzemer sein eigen genannt hat, kann sich überhaupt nicht vorstellen, welchen Stress ein Sommerekzem beim Pferd für Halter und Tier auslöst. Pferdehalter fühlen sich hilflos, weil ihre geliebten Freizeitkameraden so stark unter ihrer Insektenallergie leiden, dass sie Schweif und Mähne bis aufs Blut aufscheuern. Mitleid kann manchmal ganz schön stressig sein…

Dabei tun sie schon ihr Bestes für ihr Pferd: Sie haben ihm eine Ekzemerdecke mit Halsteil und eine hochwertige Fliegenmaske gekauft. Außerdem schützen sie seine unbedeckten Körperteile durch Fliegenspray. Was kann man mehr tun für ein Pferd mit Sommerekzem? Genau diese Frage untersucht das Trabland-Medizin-Team hier anhand von wissenschaftlichen Arbeiten.

Normalerweise können Ekzem Pferde wenigstens im Winter etwas entspannen. Aber im April wird das Problem zumeist schon wieder akut. Schon zwei, drei Bisse von Gnitzen (Culicoides Mücken) reichen aus, um bei allergisch veranlagten Pferden das Ekzem wieder zu aktivieren. Bisher gab es nur die Möglichkeit, ein Sommerekzem beim Pferd symptomatisch zu behandeln. Allerdings scheint sich das jetzt zu ändern.

Bisher übliche Therapien für Pferde mit Sommerekzem

Ekzem-Pferde sind Allergiker. Ihre Immunabwehr reagiert unverhältnismäßig stark auf bestimmte Proteine im Speichel von Gnitzen – auch als Culicoides Mücken bekannt. Das Sommerekzem beim Pferd wird auch als IBH (Insect Bite Hypersensitivity) oder CH (Culicoides Hypersensitivität) bezeichnet und gehört zu den Typ-I Allergien. Diese Form einer Allergie zeichnet sich durch das sofortige Auftreten der Symptome nach dem Kontakt mit dem Allergen aus.

Tierärzte, die zu Pferden mit Sommerekzem bestellt werden, konnten bisher nicht viel mehr tun, als die Symptome dieser Allergie zu lindern. In schweren Fällen setzen sie häufig sogenannte „Antihistaminika“ ein. Ein Antihistaminikum ist ein Histamin Rezeptorenblocker, der die Wirkung des körpereigenen Histamins reduziert oder völlig aufhebt. Bei Pferden mit Sommerekzem ist diese Behandlung allerdings nicht besonders effizient.

Oft verschrieben Fachtierärzte Pferden auch Präparate zum Auftragen auf die Haut, die Kortikosteroide wie Hydrocortison oder Dexamethason enthalten. Bei lokaler Anwendung dieser Salben und Lotionen soll das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen wie das Auftreten von Hufrehe oder Asthma relativ gering sein. Systemisch (innerlich) angewandte Steroide bergen allerdings ein ziemlich hohes Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen und haben lediglich eine Erfolgsquote von unter 50 %.

Außerdem wird schon seit Jahrzehnten eine Hyposensibilisierungstherapie (Desensibilisierung für Allegiker) angeboten. Dabei geht es um den Versuch, ein Pferd mit Sommerekzem durch langsam ansteigende Dosen des Allergens gegen den Allergieauslöser zu desensibilisieren. Diese Methode wird auch bei Menschen angewandt. Sie dauert aber mindestens sechs Monate und führt nur in weniger als 50 % der Fälle zum Erfolg. Hinzu kommt, dass bei allergisch veranlagten Pferden das Immunsystem zumeist auf mehrere verschiedene Allergieauslöser reagiert.

Vor einiger Zeit wurde dann die Eigenbluttherapie als neue Therapieoption für Pferde mit Sommerekzem bekannt. Dabei werden den Tieren kleine Mengen Blut abgenommen, aufbereitet und wieder injiziert. Das Abwehrsystem stuft das injizierte Blut als Fremdstoff ein und verursacht daraufhin eine Entzündung. Durch die Reaktionen des Immunsystems soll das Sommerekzem gegebenenfalls geheilt oder gelindert werden. Nach unseren Informationen liegt die Erfolgsquote allerdings bei weniger als 20 % - wobei ein Misserfolg auch an Fehlern bei der Anwendung liegen kann.

In letzter Zeit wird diskutiert, ob eine Impfung mit Insol® Dermatophyton – einem Medikament gegen Hautpilz – unter Umständen einen positiven Einfluss auf das Immunsystem von Pferden mit Sommerekzem haben könnte. Dazu konnten wir noch keine belastbaren Studien entdecken. Es gibt jedoch positive Erfahrungsberichte zu diesem Thema. Einigen Quellen zufolge soll die „Pilzimpfung“ bei Ekzempferden zu etwa 50 % positive Resultate zeigen. Nachdem dazu nur zwei Mal geimpft werden muss und die sich Kosten dafür in Grenzen halten – etwa 80 bis 100 € – lohnt es sich vielleicht, diese Methode zu testen.

Neue Therapiemöglichkeiten fürs Pferd mit Sommerekzem

Sommerekzem bei Pferden kommt weltweit vor. Je nach den klimatischen Bedingungen in den verschiedenen Regionen und Ländern gibt es ein mehr oder weniger hohes Aufkommen an Culicoides-Mücken (Gnitzen) und weiteren beißenden oder stechenden Insekten. Und je nach Mückenaufkommen fällt und steigt der prozentuale Anteil von Pferden mit Sommerekzem.

In manchen Regionen sind nur 3 % des regionalen Pferdebestands betroffen, in anderen aber bis zu 60 %. Kein Wunder, dass Forscher und Wissenschaftler rund um den Globus fieberhaft nach einer sicher wirksamen Therapie gegen Sommerekzem suchen. IBH – Insect Bite Hypersensivity – ist schließlich auch ein wirtschaftlicher Faktor. Laut verschiedener Gerichtsurteile verliert ein Pferd mit Sommerekzem mindestens 50 % an Wert im Vergleich zu gleichwertigen Pferden ohne allergische Disposition.

Mittlerweile sind die Wissenschaftler ihrem Ziel, eine wirksame Impfung gegen Sommerekzem auf den Markt zu bringen, schon sehr nahe gekommen. Außerdem gibt es bereits einen Allergen-Mikrochip, der durch die Messung von IgE (Immunglobulinen) dabei hilft, einzelne Allergieauslöser zu identifizieren. Allerdings deckt der innovative Allergietest aus Österreich ausgerechnet keine Allergene aus Insektenspeichel ab.

Er kann aber Allergene wie Pollen oder Substanzen in Futtermitteln identifizieren, die ein Pferd mit Sommerkzem zusätzlich belasten – und eventuell auch allergische Reaktionen der Atemwege wie COPD oder Asthma verursachen können. Zudem steht Tierärzten jetzt auch der sogenannte „FIT-Test“ zur Verfügung, mit dem der Histamin-Gehalt im Blut eines Pferdes festgestellt werden kann. Er gibt Aufschluss darüber, wie hoch das Risiko ist, dass ein bestimmtes Pferd ein Sommerekzem entwickelt.

Die lang ersehnte Impfung für Pferde mit Sommerekzem steht kurz davor, zugelassen zu werden. 2018 wurde die Effektivität des sogenannten „IL-5 Impfstoffs für Pferde“ in einer klinischen Doppelblindstudie erwiesen. IL steht dabei für Interleukin. Das war allerdings erst eine Phase-1-Studie. Der müssen bis zur Zulassung noch zwei größer angelegte Studien folgen – und das kostet viel Geld…

IL-5 Impfstoffe für Pferde mit Sommerekzem funktionieren nach folgendem Prinzip: Interleukin 5 ist ein Regulator für bestimmte weiße Blutkörperchen, die Eosinophile genannt werden. Bei Ekzemern kommen diese Eosinophile in unnatürlich hoher Anzahl vor. Dadurch entsteht eine massive Schädigung von körpereigenem Gewebe. Der neue Impfstoff gegen Sommerekzem bei Pferden bewirkt die Bildung von Antikörpern gegen Interleukin 5, wodurch sich die Hautläsionen deutlich verringern.

Wollen wir hoffen, dass es der bahnbrechende Impfstoff gegen IBH beim Pferd möglichst bald durch die Zulassung schafft. Sogar die Humanmedizin liebäugelt mittlerweile schon mit dem neuen veterinärmedizinischen Ansatz, Allergien auf diese Weise zu behandeln. Wenn die Feldstudien weiterhin erfolgreich sind, können Halter von Islandpferden und weiteren Ekzem-Kandidaten endlich aufatmen. Dann genügen jeweils zwei kostengünstige Impfungen, die in einem bestimmten zeitlichen Abstand wiederholt werden müssen, um ein Sommerekzem in den Griff zu kriegen.

 

Von welchen natürlichen Substanzen profitiert ein Pferd mit Sommerekzem?

2019 wurde in einer Studie nachgewiesen, dass die Behandlung der offenen und gereizten Hautstellen von Pferden mit Sommerekzem mit Omega-3-Fettsäuren die Heilung beschleunigt und den Juckreiz lindert. Auch innerlich angewendet stärken Omega-3-Fettsäuren den Hautstoffwechsel. Also nix wie ran an den Lebertran! Und falls dein Pferd keinen Fisch mag, ist Leinöl eine Top-Alternative.

In einer weiteren Studie aus 2022 wurde erwiesen, dass Omega-3-Fettsäuren einen positiven Einfluss auf die Signalübertragung der Immunzellen nehmen können, was bei Pferden mit Sommerekzem besonders erwünscht ist. Hinzu kommt, dass mehrfach ungesättigte Fettsäuren nachweislich einen anti-inflammatorischen Effekt haben. Das kann dazu beitragen, dass Entzündungen schneller abheilen oder erst gar nicht entstehen.

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Fazit

Einerseits können sich die Halter von Pferden mit Sommerekzem darüber freuen, dass es jetzt endlich eine wirksame Therapie gegen diese Plage gibt. Andererseits sind sie aber trotzdem nach wie vor gezwungen, mit dem Patchwork aus weniger effizienten Behandlungsmethoden fortzufahren. Der neu entwickelte IL-5 Impfstoff wartet immer noch auf seine Zulassung.

Wenn du dich intensiver mit der Thematik beschäftigen möchtest, kannst du unsere Quellenangaben anklicken und kommst so direkt zu den Studien. Sie sind allerdings auf Englisch. Das ist in der Welt der Wissenschaftler so üblich, damit Forscher rund um den Globus Zugriff auf alle Studien haben. Du kannst die Texte aber ganz einfach in einem Übersetzungsprogramm wie beispielsweise DeepL auf Deutsch übersetzen lassen.

 

 

Quellenangaben

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7349629/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10000358/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6587569/

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10416928/

https://www.news.uzh.ch/de/articles/2018/Impfstoff-gegen-Allergien-bei-Pferden.html

https://www.nature.com/articles/s41598-023-31173-y

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