COPD bei Pferden

Immer mehr Pferde haben mit Atemwegserkrankungen zu tun – oft auch mit chronischen. Während es früher hieß, dass Dämpfigkeit (COPD) beim Pferd durch nicht vollständig auskurierte Atemwegsinfekte hervorgerufen wird, wissen es die Veterinärmediziner heute besser.

Mittlerweile wird der Ausdruck COPD  durch RAO ersetzt.

Nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft werden Atemwegserkrankungen wie RAO hauptsächlich durch Feinstaubbelastung hervorgerufen. Das eröffnet Pferdehaltern völlig neue Perspektiven. Schluss mit dem grundlos schlechten Gewissen – jetzt ist Handeln angesagt!

Dein Pferd hustet ab und zu kurz nach dem Wälzen, wird bei Belastung schnell kurzatmig und ist einfach nicht so richtig in Form. Manche Reiter behaupten, das wären die typischen Anzeichen für eine beginnende Dämpfigkeit. Andere erzählen etwas von IAD, RAO oder COPD beim Pferd. Was denn jetzt? Erkennt man COPD beim Pferd nicht an der typischen Dampfrinne? Dein Pferd hat keine. Was sind das denn alles für seltsame Krankheitsbezeichnungen?

Kein Wunder, dass der Normalverbraucher langsam die Nase voll hat vom Mediziner-Latein. Wonach soll man denn googeln, wenn der Ausdruck „Dämpfigkeit“ mittlerweile genauso als RAO oder COPD bezeichnet werden kann? Tatsache ist aber, dass heutzutage gerade im veterinärmedizinischen Bereich ein intensiver internationaler Austausch von Wissen stattfindet. Dazu ist es natürlich notwendig, dass man sich darauf einigt, Krankheiten mit international gültigen Namen zu versehen.

Der Überbergriff ist Equines Asthma. Equines Asthma wird in RAO (Recurrent Airway Obstruction) und IAD (Inflammatory Airway Disease) unterteilt. RAO ersetzt COPD, da die humane COPD der der Pferde nicht entspricht. Teilweise wird auch von COB gesprochen, dabei wird der Unterschied zu COPD unterschiedlich dargestellt: (1) synonym für den englischen Begriff COPD oder (2) COB beschreibt eine chronische obstruktion der oberen Atemwege (nicht der Lunge).

Hier ein Überblick, was die einzelnen Krankheitsbezeichnungen bedeuten:

Equines Asthma

• Zeitgemäße Bezeichnung Sammelbegriff für IAD und RAO
   

RAO – Recurrent Airway Obstruction – Rekurrierende Atemwegsobstruktion

• Internationale Bezeichnung für chronische Atemwegserkrankung mit Obstruktion
• „Neue“ Bezeichnung für COPD beim Pferd
• Chronische, immer wiederkehrende Atemwegserkrankung
• Hochgradiges equines Asthma
• funktionell obstruktive Veränderungen der Atemwege bzw. der Lunge
• Pferde älter als 7 Jahre
• Nicht infektiös
• Nicht heilbar
• Sporadischer Husten beim Antraben oder Wälzen
• Gelegentlich Lungenemphysem und/oder Lungenfibrose
• Im Endstadium „Dampfrinne“ sichtbar
• Bei akuten respiratorischen Krisen: Pferd „pumpt“ im Ruhezustand
   

IAD – Inflammatory Airway Disease – Entzündliche Atemwegserkrankung

• Internationale Bezeichnung für chronische Atemwegserkrankung ohne Obstruktion
• Kommt häufiger vor als RAO
• Leichtes bis mittelschweres equines Asthma
• Morphologisch entzündliche Atemwegserkrankung
• Allergische Ursache vermutet
• Alle Altersklassen betroffen, häufig jedoch jüngere Pferde
• Heilbar
• Keine Organveränderungen
• Sporadischer Husten
   

Das Fehlen einer verlangsamten Atmung oder einer schweren Belastungsintoleranz bei der IAD ermöglicht eine Unterscheidung von RAO (Während der Krankheitsremission der RAO können diese Anzeichen jedoch sehr schwach ausgeprägt sein).

Entgegen früherer Annahmen wird RAO / COPD beim Pferd nur sehr selten durch nicht ausreichend auskurierte akute Atemwegsinfektionen verursacht. Der chronische Zustand ist vielmehr auf eine Allergie-ähnliche Hyperreagibilität (überschießende Reaktion) der Lunge zurückzuführen.

Feinstaub, Schimmelpilze und andere Giftstoffe verursachen übertriebene Abwehrreaktionen in den Atemwegen, wodurch der Sauerstoffaustausch mehr oder weniger stark behindert wird. Deshalb wird equines Asthma häufig auch „Stauballergie“ oder „Heuallergie“ genannt.

Wenn Dein Pferd mit chronischem equinen Asthma zu kämpfen hat, wird Dir Dein Tierarzt ein kortisonhaltiges Medikament zum Inhalieren geben, das Du bei akuten respiratorischen Krisen einsetzen kannst. Es funktioniert ähnlich wie ein „Asthmaspray“ bei menschlichem Asthma. Bei Pferden, die zu Hufrehe neigen, sollten Kortikosteroide allerdings mit Vorsicht eingesetzt werden, da Kortison bei ihnen unter Umständen einen Reheschub hervorrufen kann.

Bei Symptomen, die auf RAO (COPD beim Pferd) hinweisen könnten, wird Dein Tierarzt bei seiner Diagnose etwaige Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Atemwegserkrankungen ausschließen. Ausserdem wird er sicherstellen, dass die Symptome nicht durch einen Fremdkörper in den Atemwegen verursacht werden. Folgende Krankheiten können ähnliche Symptome wie RAO verursachen:

• Pneumonie (Lungenentzündung)
• Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
• Pharyngitis (Entzündung der Rachenschleimhaut)
• Mykosen (Pilzinfektionen)
• Lungenödem (Wasser in der Lunge)
• EMPF – Equine multinoduläre Fibrose (selten)

Nach einer gründlichen Anamnese (Erfragung der Krankengeschichte) stellt Dein Tierarzt aufgrund der klinischen Symptome wie erhöhter Atemfrequenz, Husten, eventuell beidseitigem transparentem bis gelblichem Nasenausfluss und unnatürlichen Lungengeräuschen eine vorläufige Verdachtsdiagnose. Mit einer Bronchoskopie kann er den Schweregrad der Erkrankung eingrenzen und bei Bedarf etwas Sekret aus der Luftröhre für eine mikroskopische Untersuchung entnehmen. Dabei kann er auch feststellen, ob die Erkrankung einen bakteriellen Ursprung hat.

Durch eine broncho-alveolären Lavage (Lungenspülprobe) gewinnt er Flüssigkeit aus den Lungenbläschen und den kleinen Bronchien. Damit können die Immunzellen in den unteren Atemwegen bestimmt werden, um Schweregrad und Art der Erkrankung noch genauer einzugrenzen. Per Ultraschall kann er Pilzinfektionen oder andere infektiöse Ursachen ausgrenzen. Liegt bereits fortgeschrittene RAO vor, wird er unter Umständen Röntgenaufnahmen anfertigen, um festzustellen, bis zu welchem Grad die Lunge bereits vernarbt ist.

Ein Pferd, bei dem die Diagnose RAO (COPD beim Pferd) gestellt wird, zeigt bei Provokation durch entsprechende Umgebungsbedingungen eine Verstärkung der Symptomatik.

Das Wichtigste bei der Behandlung von equinem Asthma ist eine konsequente Umstellung der Pferdehaltung. Laut wissenschaftlichen Recherchen (M.C. Fugazzola, B. Ohnesorge: Wie beeinflussen Einstreu und Futter die Lungenfunktion – Anhaltspunkte zur Haltungsoptimierung. PferdeSpiegel 2009; 4: 164 – 168) werden Pferde aus Boxenhaltung beim Ausmisten mit einer Staubbelastung von 10 – 15 mg/m? konfrontiert. Davon atmen sie 20 bis 60 % ein. Für Arbeiter in einer Baumwollspinnerei liegt die gesetzlich zugelassene Höchstbelastung an Staubpartikeln bei 2,5 mg/m?.

Hinzu kommt die Belastung durch Staub und Schimmelsporen im Heu und der aufgewirbelte Staub beim Training in der Reithalle. Die Schadgase von Ammoniak durch den sich zersetzenden Urin in der Einstreu leisten einen weiteren Beitrag zur Belastung der Atemwege von Boxenpferden. Kein Wunder, dass so viele Warmblüter unter RAO / COPD beim Pferd leiden: Sie stehen zumeist in Boxen. Wenn Du deinem Pferd keinen Offenstallplatz gönnen kannst, solltest Du zumindest darauf achten, dass es täglich viel Zeit an der frischen Luft verbringt.

Außerdem solltest Du auf hochwertiges staubfreies Futter sowie auf staubfreie Einstreu umsteigen. Das hilft aber nur, wenn die nächsten und übernächsten Boxennachbarn ebenfalls staubfrei gehalten werden. Pferde mit IAD oder RAO (COPD beim Pferd) im Offenstall sollten mit erstklassiger Heulage oder eingeweichtem Heu gefüttert und an relativ beschwerdefreien Tagen schonend bewegt werden. Frag Deinen Fachtierarzt für Pferde, wie viel Bewegung in eurem Fall angesagt ist. Er wird die Symptome deines Pferds mit schleimlösenden, entzündungshemmenden und entkrampfenden Medikamenten behandeln, sodass es vielleicht schon bald wieder reitbar sein wird.

Bei RAO im Endstadium („Dampfrinne“) sind Lebenserwartung und Lebensqualität leider oft stark eingeschränkt.

Ganz wie beim Menschen bringen bestimmte Kräuter auch beim Pferd eine gewisse Erleichterung bei akuten oder chronischen Atemwegserkrankungen. Es gibt Zusatzfuttermittel, die speziell für Pferde mit RAO (auch mit IAD) zusammengestellt werden. Zudem haben sich homöopathische Arzneimittel bei der unterstützenden Behandlung chronischer Erkrankungen bewährt.

Dabei geht es aber zumeist um eine Konstitutionsbehandlung, die nur ein fachkundiger Tierheilpraktiker oder ein Tierarzt mit einer Zusatzausbildung im Bereich Homöopathie durchführen sollte.

Equines Asthma (RAO und IAD) ist eine „Zivilisationskrankheit“, die bei Wildpferden nicht auftritt.

Naturnahe Pferdehaltung, gewissenhaftes Stallmanagement und optimale Futterqualität verringern ganz massiv das Risiko für chronische Atemwegserkrankungen bei Pferden.

Außerdem bleibt der Organismus Deines Pferdes durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft in Schuss und kann so angemessen auf Schadstoffe, Bakterien oder Viren reagieren.

COPD oder Dämpfigkeit beim Pferd sind veraltete Begriffe für RAO. Equines Asthma wird unterteilt in RAO und IAD, es gibt keinen Zusammenhang. Die chronische Atemwegserkrankung entsteht durch Feinstaubbelastung, Schimmelpilze und Schadstoffe wie Ammoniak. Wichtig ist also eine Haltungsoptimierung! IAD kann in Zusammenarbeit mit einem Tierarzt kuriert werden. Bei der RAO (COPD beim Pferd) bleibt nur eine Symptombehandlung und eine Optimierung der Haltungsbedingungen.

Quellenangaben

https://www.sciencedirect.com/topics/veterinary-science-and-veterinary-medicine/recurrent-airway-obstruction

Couëtil, L.L.; Cardwell, J.M.; Gerber, V.; Lavoie, J.-P.; Léguillette, R.; Richard, E.A. Inflammatory Airway Disease of Horses—Revised Consensus Statement. J. Vet. Intern. Med. 2016, 30, 503–515

https://www.msdvetmanual.com/respiratory-system/respiratory-diseases-of-horses/recurrent-airway-obstruction-in-horses

https://largeanimal.vethospitals.ufl.edu/recurrent-airway-obstruction-rao/#:~:text=What%20is%20recurrent%20airway%20obstruction,%2C%20mucus%20product…

https://flexikon.doccheck.com/de/Recurrent_airway_obstruction_(Pferd)