Erstveröffentlichung am 26.04.2024 - Es ist kaum zu glauben: Morgens sah das Pferd noch ganz fit aus und am Nachmittag ist sein eines Hinterbein fast doppelt so dick wie normal. Das ist ziemlich typisch für einen Einschuss beim Pferd. Tierärzte nennen das Krankheitsbild auch „Phlegmone“.
Wenn du frühzeitig auf so eine Schwellung reagierst, hast du gute Chancen, dass dein Freizeitkamerad bald wieder fit ist. Allerdings sollte eine Phlegmone beim Pferd unbedingt mit Antibiotika behandelt werden, weil es sich dabei zumeist um eine Infektion mit sehr aggressiven Bakterien handelt, die sich eventuell auch auf Sehnen, Knochen oder sogar auf das Herz ausbreiten kann.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Phlegmonen, beim Pferd „Einschuss“ genannt, sind bakterielle Infektionen im subkutanen Gewebe (Unterhautgewebe), die sich sehr schnell ausbreiten. Ein Einschuss kann am ganzen Pferdekörper auftreten. Normalerweise sind aber hauptsächlich die Beine betroffen. Phlegmonen treten beim Pferd vorrangig an den Hinterbeinen auf.
Laut Studien von namhaften Wissenschaftlern wie beispielsweise Sue Dyson sind Vollblüter überproportional von Phlegmonen betroffen. Ansonsten scheint es keine weitere rassespezifische Prädisposition für einen Einschuss beim Pferd zu geben. Die Wahrscheinlichkeit für ein Pferd, eine Phlegmone zu entwickeln, erhöht sich ganz massiv, wenn es bereits an Mauke erkrankt ist.
Einen Einschuss beim Pferd mit Hausmitteln zu behandeln, ist keine besonders gute Idee. Abgesehen von Zusatzinfektionen kann sich durch einen unbehandelten Einschuss auch eine Sepsis (Blutvergiftung) entwickeln, die für deinen Freizeitkameraden lebensbedrohlich ist. Du kannst aber den Heilungsverlauf einer Phlegmone bei deinem Pferd durch natürliche Behandlungsmethoden positiv beeinflussen.
Zu den typischen Symptomen vom Einschuss beim Pferd gehört eine warme, schmerzhafte Schwellung, die sich rapide ausbreitet. Betroffene Tiere reagieren mit Abwehrverhalten oder Ausweichen auf einen leichten Druck an der angeschwollenen Körperpartie. Bei ausgeprägten Schwellungen ist die Haut straff gespannt – was zu offensichtlichen Lahmheiten führen kann. Es gibt aber auch noch mehr mögliche Symptome, die auf eine Phlegmone beim Pferd hinweisen können.
Hier siehst du eventuelle Symptome vom Einschuss beim Pferd auf einen Blick:
Das Wichtigste ist, dass du sofort deinen Tierarzt verständigst, wenn bei deinem Pferd Symptome einer Phlegmone auftreten. Die starke Schwellung zeigt ganz eindeutig, dass der Organismus deines Freizeitkumpels mit einer Infektion zu tun hat, die sein Immunsystem nicht ohne weiteres bewältigen kann. Dein Pferd braucht also tierärztliche Unterstützung.
Du selbst kannst aber auch etwas dazu tun, dass ein Einschuss bei deinem Pferd relativ glimpflich abläuft. In den ersten 24 Stunden nach der Infektion sorgt ein Angussverband mit kaltem Wasser von etwa 5° Celsius dafür, dass die betroffene Körperregion nicht so stark durchblutet wird. So kann sich die Entzündung weniger schnell ausbreiten. Wenn dein Tierarzt schon in den Startlöchern steht, kannst du aber auch einfach das geschwollene Bein dadurch kühlen, dass du es bis zu seinem Eintreffen mit einem Wasserschlauch abspritzt.
WICHTIG:
Kein Eis einsetzen, um die Gliedmaße zu kühlen! Das könnte zu Komplikationen führen.
Dass eine infektiöse Phlegmone beim Pferd so dramatisch verläuft, liegt an den besonders aggressiven Erregern, die üblicherweise diese Infektion verursachen. Dabei handelt es sich um Staphylokokken – besonders Staphylococcus aureus – und verschiedene Streptokokken-Arten. In manchen Fällen können auch Clostridien einen Einschuss beim Pferd verursachen.
All diese Bakterien haben sich eins gemeinsam: Sie gedeihen hervorragend unter anaeroben Bedingungen – also unter Luftabschluss. Streptokokken sind die einzigen in diesem Dreiergespann, die sich auch vermehren können, wenn Sauerstoff vorhanden ist. Zumeist gelangen die Verursacher von Einschuss beim Pferd durch kleine, kaum blutende Wunden oder Hautrisse in den Organismus ihres Wirts. Sie können aber auch bei einer Injektion oder einer Operation in den Pferdekörper eindringen.
Laut einer im April 2021 publizierten Studie zum Thema „Diagnose und Behandlung von Pferden mit Phlegmonen an den Hintergliedmaßen in England“ von H. R. Braid und J. L. Ireland, wurden in letzter Zeit 89,9 % aller Diagnosen aufgrund des klinischen Befunds gestellt. Die Symptome vom Einschuss beim Pferd sind so eindeutig, dass ein Tierarzt normalerweise keine Laboruntersuchungen zur Diagnose benötigt. In schwereren Fällen ist eine entsprechende Analyse aber gerechtfertigt.
Besonders bei wiederkehrenden (rezidivierenden) Phlegmonen und bei Fieber sind zusätzliche Untersuchungen angesagt. Ein wiederkehrender / chronischer Einschuss beim Pferd kann dadurch entstehen, dass die Erstinfektion zu spät medikamentös behandelt wurde. Dadurch kann der Erreger auf die Lymphbahnen übergreifen. Das aggressive Bakterium kann so nicht nur weitere Organe infizieren – es kann auch einen bleibenden Schaden in den Lymphbahnen verursachen. Geschädigte Lymphbahnen schwemmen Krankheitserreger dann nicht mehr so effizient aus wie gesunde.
Veterinärmediziner sind sich einig, dass für die Behandlung einer infektiösen Phlegmone beim Pferd zumeist ein Breitbandantibiotikum das Mittel der Wahl sein sollte. Es wirkt in kurzer Zeit hervorragend gegen Staphylokokken und Streptokokken. Normalerweise muss die Behandlung nicht länger als fünf bis sieben Tage lang durchgeführt werden. Bei rechtzeitiger Behandlung hat der Einschuss beim Pferd eine Dauer von etwa einer Woche.
In schweren Fällen – beispielsweise bei Fieber – kann der Einsatz von Antibiotika auch auf zehn Tage ausgedehnt werden. Gleichzeitig verabreicht der Tierarzt in den meisten Fällen von Einschuss beim Pferd zusätzlich nichtsteroide Antirheumatika als Schmerzmittel. Sie sollen verhindern, dass der Patient ausschließlich den gegenüberliegenden Huf belastet. Durch die übermäßige Belastung kann sich nämlich an dem Huf, der nicht von der Phlegmone betroffen ist, eine Belastungsrehe entwickeln.
Falls eine Therapie mit Breitbandantibiotika keine nennenswerten Resultate zeigt, wird dein Tierarzt Laboruntersuchungen vornehmen lassen. Er muss dann den Erreger identifizieren, damit er ganz spezielle Antibiotika gegen die entsprechende Spezies von Bakterien auswählen kann. Durch die Laboranalysen steigen zwar die Tierarztkosten, aber auch die Chancen auf vollständige Genesung.
Wenn du eine Phlegmone beim Pferd selbst behandeln möchtest, solltest du dir darüber im Klaren sein, welche Folgen eine erfolglose Behandlung haben kann. Unser Team von Trabland steht auch hinter naturheilkundlichen Behandlungsansätzen. Wir setzen, wie die meisten Freizeitreiter, bei Gesundheitsproblemen unserer Tiere gern homöopathische Globuli, Heilkräuter oder Zusatzfuttermittel ein, um den Organismus unserer Pferde im Kampf gegen Krankheiten zu unterstützen.
Unserer Erfahrung nach gibt es aber Situationen, in denen das Immunsystem eines Pferdes schlicht und ergreifend überfordert ist. Die Ursache dafür, dass ein Pferdeorganismus einen Erreger nicht eigenständig besiegt, kann laut verschiedener Untersuchungen mit der Fütterung, mit Stress oder mit der Haltungsweise zu tun haben. Ein Einschuss beim Pferd ist eine heftige Reaktion des Immunsystems auf eine potenziell lebensbedrohliche Situation.
Ein Einschuss beim Pferd kann folgende Komplikationen hervorrufen:
Bei der Behandlung der Phlegmone beim Pferd solltest du Hausmittel also ausschließlich unterstützend einsetzen. Falls du Kühlgamaschen besitzt, können diese in den ersten 24 Stunden dazu beitragen, dass sich die Infektion nicht so weit ausbreitet. Alternativ kannst du auch Quarkwickel oder Lehmpackungen zum Kühlen des betroffenen Bereichs einsetzen.
Lehmpackungen werden schon seit der Antike gegen Schwellungen eingesetzt. Lehm wirkt nicht nur kühlend. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass er beim Antrocknen auch Flüssigkeit aus dem Gewebe absorbiert. Aber wo findest du Lehm, der sich für Lehmpackungen eignet?
Zum einen kannst du in der Apotheke Heilerde kaufen. Das ist gereinigter und sterilisierter Lehm. Um einen Einschuss beim Pferd mit Heilerde-Packungen zu behandeln, brauchst du allerdings sehr viel Heilerde. Natürliche Heilerde für äußerliche Anwendungen gibt es aber auch kostenlos. Du kannst sie ziemlich leicht selbst herstellen.
Dazu ziehst du einfach im Herbst Gummistiefel an und spazierst mit einem Eimer und einer kleinen Schaufel über frisch gepflügte Äcker. Wenn der Boden an deinen Stiefeln kleben bleibt und sich nur schwer abwischen lässt, hast du „fetten Lehm“ gefunden. Nimm davon soviel, wie du noch bequem tragen kannst.
Zuhause legst du die zerkleinerten Lehmklumpen auf ein Brett in einen trockenen Bereich. Dort lässt du sie liegen, bis sie durchgetrocknet sind. Dann steckst du sie in einen alten Kopfkissenbezug und zerkleinerst sie mit der flachen Seite eines Hammers so fein wie möglich. Anschließend gehst du ins Freie, ziehst eine Atemmaske an (wegen dem Feinstaub) und siebst das Ganze durch ein Mehlsieb.
Jetzt brauchst du dein selbst hergestelltes Lehmpulver nur noch für etwa 20 Minuten in einem auf 130 °C vorgeheizten Backofen zu sterilisieren und anschließend trocken zu lagern. Bei Bedarf rührst du das Pulver mit etwas abgekochtem Wasser bis zur Konsistenz eines Kuchenteigs an. Dann streichst du den Lehm auf eine sterile Kompresse, legst eine weitere Kompresse obendrauf und fixierst dieses Sandwich mit einer locker angelegten Bandage.
Zugegeben: Eine Kältegamasche ist einfacher in der Anwendung. Die altbewährten Lehmpackungen sind zwar mit mehr Aufwand verbunden, haben dafür aber auch keinen negativen Impact auf die Umwelt. Aber es ist doch auch eine spannende Erfahrung, Naturheilmittel für dein Pferd selbst herzustellen. Wir haben in unserer Stallapotheke immer einen gut verschlossenen kleinen Eimer mit selbstgemachtem Lehmpulver.
Nach etwa 24 Stunden solltest du einen Einschuss beim Pferd allerdings nicht mehr kühlen, sondern den Abtransport von Nebenprodukten der Infektion durch Wärme unterstützen. Wenn du eine Phlegmone beim Pferd unterstützend mit Lehmumschlägen behandeln möchtest, solltest du die Paste also mit warmem Wasser anrühren. Es gibt aber auch im Fachhandel spezielle Kühl- und Wärmegamaschen, in denen die Wärme länger gespeichert wird als in einem Lehmverband.
Da bei einer starken Schwellung viele schädliche Stoffwechselprodukte abtransportiert werden müssen, macht es auch Sinn, Leber und Nieren deines Pferdes zu unterstützen. Zur unterstützenden Behandlung vom Einschuss beim Pferd eignen sich harntreibende und bittere Kräuter wie zum Beispiel Löwenzahn und Mariendistel. Was homöopathische Globuli angeht, hat Apis D12 einen ausleitenden Effekt auf die Nieren und Nux Vomica D12 wirkt entgiftend auf die Leber.
Es gibt so gut wie keine Möglichkeit, einer Phlegmone beim Pferd vorzubeugen. Zumeist dringen die Krankheitserreger durch kleine Hautläsionen ein, die nicht einmal beim gründlichen Putzen bemerkt werden. Die einzige Prophylaxe gegen einen Einschuss beim Pferd besteht darin, Ställe, Weideunterstände, Ausläufe und Weiden möglichst trocken und sauber zu halten.
Auf Matschwiesen oder schlammigen Ausläufen ist Mauke über kurz oder lang vorprogrammiert. Und aus der Mauke kann dann leicht eine Phlegmone entstehen, wenn sich gerade die passenden Mikroben im Schlamm tummeln. Ein optimales Stall- und Weidemanagement trägt dazu bei, dass solche Krankheiten gar nicht erst ausbrechen.
Ein Einschuss beim Pferd kann lebensbedrohlich werden, wenn er nicht rechtzeitig von einem Veterinärmediziner behandelt wird. Du solltest also schnell reagieren, wenn dein Pferd plötzlich eine unförmige heiße Schwellung am Bein hat. In den ersten 24 Stunden macht es Sinn, eine Phlegmone zu kühlen. Danach hilft Wärme, die Infektion schneller abklingen zu lassen.
Quellenangaben
https://www.sciencedirect.com/topics/veterinary-science-and-veterinary-medicine/cellulitis
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18296664/
https://www.magonlinelibrary.com/doi/abs/10.12968/ukve.2017.1.1.16
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18052806/
https://beva.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/eve.13484
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