Du hast beim Putzen eine seltsame Hautveränderung an deinem Pferd entdeckt? Kein Grund zur Panik: Das muss nicht bedeuten, dass dein Pferd an einem equinen Sarkoid erkrankt ist. Aber es ist ein Grund, dieses Gebilde unter die Lupe zu nehmen. Falls es nämlich tatsächlich eine Art Sarkoid ist, solltest du dich an bestimmte Regeln halten, damit die Hauterscheinung nicht anfängt zu wuchern oder sich in einen aggressiveren Sarkoid-Typ verwandelt.
Redaktionelle Mitarbeit: Nelly Sophie Lönker, Medizinredaktion
Diese Seite soll Pferdehalterinnen und Pferdehaltern lediglich Informationen über Krankheiten und Symptome beim Pferd vermitteln. Die Informationen dürfen weder die Beratung oder Behandlung durch einen Tierarzt ersetzen noch dazu verwendet werden, eigenständig medizinische Behandlungen vorzunehmen. Sie dienen nicht zur Selbstdiagnose und/oder Selbstbehandlung und ersetzt keinesfalls die Diagnose durch einen Tierarzt.
Viele Tumore beim Pferd sind Sarkoide. Auch wenn sie oft sehr harmlos aussehen, solltest du diese Hauterscheinungen nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Bei dem equinen Sarkoid handelt es sich um Tumore aus Fibroblasten (teilungsfähigen Bindegewebszellen), die sich ähnlich verhalten wie Krebs. Allerdings verbreiten sie keine Metastasen im gesamten Pferdeorganismus. Sarkoide sind sogenannte "semi-maligne" (halb-bösartige) Tumore, die sich nur in den beiden obersten Hautschichten ausbreiten können. Je nach Größe und Lokalisation der Tumore können sie Funktionseinschränkungen verschiedener Organe, wie zum Beispiel Auge, Anus oder Geschlechtsorgane, bewirken.
Sarkoide in der Gurt- oder Sattellage machen es unmöglich, ein Pferd mit Sattel zu reiten. Die Tumore reagieren besonders sensibel auf äußere Einflüsse. Bei einer Reizung der Läsionen musst du mit der Bildung von Tochtergeschwulsten in der Haut oder entlang der Lymphbahnen rechnen. Häufig reagieren sie auch mit der Transformation in einen aggressiveren Sarkoid-Typus.
Es gibt zahlreiche verschiedene Erscheinungsformen des equinen Sarkoids. Genau das macht es für Laien so schwierig zu erkennen, ob ihr Pferd betroffen ist.
Sarkoide werden klinisch in sechs verschiedene Sarkoid-Typen eingeteilt. Die Typ-1-Variation ist dabei die harmloseste, Typ 5 die gefährlichste und Typ 6 eine Mischform der vorangegangenen Variationen.
Hier die Symptome von equinen Sarkoid-Typen auf einen Blick:
Typ 1
Okkulte Sarkoide: Haarlose flächige Stellen, oft an kurzhaarigen Körperteilen, am Kopf oder am Auge
Typ 2
Verruköse Sarkoide: Läsionen mit warzenähnlicher Oberfläche, häufig am Ohr, in der Gurtlage, am Euter oder am Pröputium
Typ 3
Noduläre Sarkoide: Knotenförmige Tumore, gestielt oder ungestielt, anfangs verschiebbar, zumeist um die Augen, hinten am Unterbauch oder an der Brust
Typ 4
Fibroblastische Sarkoide: Feuchte geschwürige Tumore, aggressives Wachstum, entwickeln sich oft aus den vorangegangenen Sarkoid-Typen, wenn diese manipuliert wurden.
Typ 5
Malevolente (bösartige) Sarkoide: Festsitzende Tumore, sehr aggressives Wachstum, eher selten vorkommend, teilweise knotige Stränge unter der Haut spürbar, besonders an den Lymphbahnen
Typ 6
Gemischte Sarkoide: Cluster aus verschiedenen Sarkoid-Typen, entwickeln sich häufig aus erfolglos behandelten Läsionen
Du weißt vielleicht, dass beim Menschen eine Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) den Grundstein für die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs legen kann.
Zahlreiche Studien haben mittlerweile belegt, dass sich Sarkoide bei Pferden ebenfalls durch einen Befall mit dem Papillomavirus entwickeln. Für die Infektionen sind die bei Rindern vorkommenden bovinen Papillomviren BPV1 und BPV2 verantwortlich.
Genomanalysen haben aber gezeigt, dass der bei Pferden auftretende Papillomavirus sich in einigen Gensequenzen von den Viren der Rinder unterscheiden. Also findet die Übertragung des Virus mit ziemlicher Sicherheit nicht vom Rind auf das Pferd, sondern von Pferd zu Pferd statt.
Als Eintrittspforte dienen dem Papillomavirus kleinste Wunden wie Kratzer oder aufgescheuerte Haut. Die wichtigsten Vektoren (Krankheitsüberträger) sind Fliegen, Mücken und Bremsen. Papillomviren können aber auch recht lange auf Oberflächen überleben und beim Putzen oder beim Scheuern übertragen werden.
Sarkoide sollten möglichst früh behandelt werden, da sie immer weiter wachsen und sich im Laufe ihrer Entwicklung von gutartigen in bösartige Sarkoid-Typen verwandeln können.
Versuch aber auf keinen Fall, irgendwelche "Geheimtipps" aus dem Internet auszuprobieren und das Problem auf eigene Faust zu lösen. Erfolglose oder abgebrochene Behandlungen haben bei fast allen Sarkoiden zur Folge, dass die Tumore aggressiv reagieren.
Mach lieber einen Termin mit deinem Tierarzt aus. Ein Fachtierarzt für Pferde kann problemlos beurteilen, ob die neu entdeckte Hautveränderung zu den Sarkoiden gehört oder nicht.
In den meisten Fällen ist das klinische Erscheinungsbild eines Sarkoids ziemlich eindeutig. Es kann allerdings vorkommen, dass bestimmte varreköse Sarkoide den warzenähnlichen Vorstufen von Plattenephitelkarzinomen ähneln.
Unter Umständen besteht bei manchen nodulären Sarkoiden auch die Verwechslungsmöglichkeit mit Schimmelmelanomen. Im Zweifelsfall kann dein Tierarzt aber eine Verwechslung durch einen Labortest ausschließen.
In der Regel ist es für einen erfahrenen Veterinärmediziner recht einfach, ein equines Sarkoid zu erkennen. In einigen Internet-Publikationen zum Thema "Equines Sarkoid" steht zu lesen, dass der Tierarzt beim Verdacht auf ein Sarkoid eine Biopsie durchführen würde.
Biopsien sollten unbedingt vermieden werden, da die Sarkoide daraufhin aggressiver werden können. Im Zweifelsfall kann der Tierarzt aus der direkten Umgebung des Tumors Hautschuppen und Haare für einen PCR-Test entnehmen. Es gibt Labore, die diese Proben auf die Präsenz der DNS von bovinem papilloma untersuchen können.
Bei einem positiven Testergebnis kannst du davon ausgehen, dass die entsprechende Hautveränderung ein Sarkoid ist. Falls es dir lieber ist, kann dein Tierarzt aber auch gleich die komplette Hauterscheinung chirurgisch entfernen, sofern sie sich an einer geeigneten Stelle befindet. Danach wird das Gewebe histologisch untersucht. Bei positivem Befund ist eine Folgebehandlung notwendig.
Es gibt weltweit mehr als 40 verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Sarkoide bei Pferden. Das zeigt, dass noch keine universell wirksame Behandlungsmethode gefunden wurde.
Die verschiedenen Behandlungsansätze können je nach Lokalisation und Sakoid-Typ unterschiedliche Erfolgschancen bieten. Da Sarkoide bei unvollständiger Elimination die Neigung zum Wiederauftreten (Rezidivieren) haben, ist es sinnvoll, zuerst die am meisten erfolgsversprechendste Methode anzuwenden.
Allerdings reagieren Sarkoide ziemlich unvorhersehbar: Zwei Tumore desselben Typus können an ein und demselben Pferd auf die gleiche Behandlungsmethode unterschiedlich ansprechen. Theoretisch sollte das Ziel der Behandlung sein, sämtliche Tumorzellen restlos zu entfernen. In der Praxis gestaltet sich das aber schwierig, sodass die Heilungschancen bei Therapien des equinen Sarkoids eingeschränkt sind.
Unbehandelt sind die Prognosen allerdings noch wesentlich ungünstiger. Deshalb sollten die Tumore möglichst frühzeitig behandelt werden, solange sie noch nicht zu groß sind. Als klassische Behandlungsmethoden kommen Chemotherapie, Chirurgie und Strahlentherapie infrage, wobei Strahlentherapie die größten Erfolgsaussichten hat.
Gut erreichbare Sarkoide können häufig erfolgreich durch einen chirurgischen Eingriff entfernt werden. Bei den meisten Tumortypen kann auch die Injektion von Chemotherapeutika wie 5-Fluorouracil oder Cisplatin direkt in den Tumor gute Resultate hervorbringen. Außerdem gibt es zahlreiche chemotherapeutische Substanzen als Cremes, die sich zur Behandlung kleinerer okkulter oder vareköser Sarkoide eignen können.
Im Normalfall findet die Behandlung eines equinen Sarkoids in einer Pferdeklinik statt, weil dort bessere technische Voraussetzungen gegeben sind als in einer Pferdepraxis.
Es ist mittlerweile unzweifelhaft nachgewiesen, dass Sarkoide bei Pferden durch eine Infektion mit bovinem Papillomavirus entstehen. Das Virus befindet sich nicht nur in den Hautveränderungen, sondern auch in der Haut am restlichen Pferdekörper.
Deshalb kann es sinnvoll sein, das Immunsystem eines erkrankten Pferdes mit immunstimulierenden Zusatzfuttermitteln zu unterstützen. Die homöopathische Unterstützung der Therapie sollte durch einen erfahrenen Tierheilpraktiker mit homöopathischer Zusatzausbildung erfolgen, da es hier sinnvoll ist, Konstitutionsmittel in hoher Potenz einzusetzen.
Wässrige Extrakte aus Viscum album austriacus (europäische Mistel) wurden schon mit einigem Erfolg in der Therapie von menschlichen Krebserkrankungen eingesetzt. Die antitumoralen Eigenschaften der sogenannten "VAE" sollen auch beim equinen Sarkoid wirksam sein.
Zudem kursieren Kaufempfehlungen für diverse, als "Kräuterpasten" beworbene, Salben im Internet. Die aktiven Inhaltsstoffe des Originals "XXTERRA" sind Zinksalze und ein Extrakt aus Sanguineria Canadensis (kanadische Blutwurz). Offenbar verändern sie die Tumor-Antigene und können das Immunsystem dazu anregen, das erkrankte Gewebe wie einen Fremdkörper abzustoßen.
Vorsicht: Fast alle Alternativen zu der teuren XXTERRA-Salbe haben stark Ätzende Inhaltsstoffe, die nicht immer sorgfältig aufeinander abgestimmt sind. Sie können unter Umständen gesunde Haut verätzen und deinem Pferd Schmerzen zufügen. Außerdem gibt es im Internet Rezepte zur Herstellung dieser sogenannten "Blutwurzsalben". Dazu soll unter anderem Zinkchlorid in heißem Wasser aufgelöst werden. Die dabei entstehenden Dämpfe können Schäden an den Atemwegen verursachen.
Da Papillomaviren durch Insekten oder bei der Fellpflege von Pferd zu Pferd übertragen werden können, macht es Sinn, auf der Weide erkrankte und gesunde Pferde in getrennten Gruppen zu halten.
Falls es in deinem Stall nur ein einziges Pferd mit Sarkoiden gibt, sollte das in einer Gruppe von älteren Pferden stehen. Pferde, die älter als fünfzehn Jahre sind, infizieren sich äußerst selten mit BPV1/2.
Es besteht übrigens kein Grund zur Panik wegen der Ansteckungsgefahr: Das bovine Papillomavirus ist nicht besonders ansteckend.
Bestimmte Hautveränderungen bei deinem Pferd können unter Umständen equine Sarkoide sein. Wenn diese behandelt werden, solange sie noch klein sind, erhöhen sich die Chancen auf eine vollständige Ausheilung.
Du solltest allerdings nicht versuchen, diese Hauterscheinungen in Eigenregie mit Hausmitteln zu therapieren. Sarkoide reagieren sehr oft aggressiv, wenn sie gereizt werden. Im Anfangsstadium kannst du dein Pferd zwar selbst mit bestimmten vom Tierarzt verschriebenen Salben behandeln, allerdings sollte dabei eine tierärztliche Supervision sicher gestellt sein.
Quellenangaben
https://www.researchgate.net/publication/263484680
https://www.rvc.ac.uk/clinical-connections/new-sarcoid-treatments
https://flexikon.doccheck.com/de/Sarkoid_(Pferd) https://www.dkfz.de/de/f035/Projekte/KonradSarkoid/index.html
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1090023322001411
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