Dein junges Pferd tobt mit seinen Weidegenossen wild auf der Koppel herum. Bald ist es alt genug, um eingeritten zu werden. Um aus so einem Jungpferd ein gutes Reitpferd zu machen, gehört vor allem eines: viel Zeit und Geduld. Hast Du beides? Dann bist Du vielleicht zur Jungpferdeausbildung in Eigenregie geeignet. Natürlich brauchst Du dazu noch mehr. In diesem Beitrag erfährst Du nicht nur, ob Du zur Jungpferdeausbildung geeignet bist. Du lernst auch einige Tricks, die Dir das Ganze wesentlich erleichtern werden.
Den meisten Leuten kommen Bilder von Rodeos in den Sinn, wenn sie das Wort “Einreiten” hören. Als Reiter mit einiger Pferdeerfahrung weißt Du natürlich, dass die riskanten Stürze der Rodeoreiter überhaupt nichts mit dem Einreiten von jungen Pferden zu tun haben. Ein guter Ausbilder bereitet Jungpferde Schritt für Schritt auf ihre Aufgabe als Reitpferd vor – das erste Aufsitzen ist deshalb ziemlich risikolos. Die Vorbereitung braucht ihre Zeit aber es lohnt sich. Vielleicht traust Du Deinen reiterlichen Fähigkeiten ja noch nicht soweit, dass Du die Jungpferdeausbildung selbst in die Hand nehmen willst. Aber die Vorbereitung zum Einreiten schaffst Du ganz bestimmt.
Warum entscheiden sich Reiter für ein Jungpferd? Die meisten Freizeitreiter wünschen sich ein Pferd, mit dem sie eine optimale Kommunikation haben – am Boden wie auch unter dem Sattel. Sie suchen einen Freizeitkameraden, kein Sportpferd. Und sie hoffen, dass sie ein Jungpferd so erziehen können, dass es zu ihnen persönlich passt. „Englisch“-Reiter mit Turnierambitionen haben andere Kriterien beim Pferdekauf.
Ihnen sind die Abstammung und körperliche Merkmale wichtig. Häufig entscheiden sie sich für ein fertig ausgebildetes Pferd, das im Optimalfall schon Turniererfolge vorweisen kann. Freizeitreiter reiten oft Pferde kleiner oder mittelgroßer Rassen, die eher spätreif sind. Diese sollten in keinem Fall vor dem vierten Lebensjahr angeritten werden. Die eher frühreifen Voll- und Warmblüter werden zumeist schon im Alter von drei Jahren eingeritten.
Wenn Du Dein Jungpferd selbst ausbilden möchtest, musst Du nicht nur geduldig sein. Du solltest ihm auch Sicherheit vermitteln können, damit es sich in ungewohnten Situationen auf Dich verlässt. Diese Sicherheit empfindet es – als Herdentier – nur, wenn Du es eindeutig dominierst. Auf eine souveräne Art: Ranghohe Pferde kämpfen nicht, sie sind einfach so überzeugend, dass eine winzige Geste genügt, um die „Follower“ in ihre Schranken zu verweisen.
Noch dazu solltest Du Deine Achtsamkeit geschult haben. Das Fluchttier Pferd ist unglaublich wahrnehmungsfähig. Versuche, es ihm gleichzutun. Wenn Du Dein Pferd so gut kennst, dass Du immer weißt wie es sich fühlt, kannst Du es auch ausbilden. Allerdings brauchst Du zum Anreiten ein gewisses reiterliches Know-How. Du solltest in jeder Gangart ausbalanciert sitzen, dein Gewicht bewusst einsetzen und deine Zügelhand ruhig und sensibel führen können.
Nein. Du solltest ein Jungpferd nicht in ein Schema zwingen. Bei der Jungpferdeausbildung geht nichts nach Plan. Es stellen sich immer wieder überraschende Fortschritte ein – oder Du beißt Dir die Zähne an einer festgefahrenen Situation aus. Pferde sind Individuen, genau wie wir Menschen. Sie lernen nicht alle auf dieselbe Art und Weise. Als Jungpferdetrainer*in musst Du flexibel sein. Während ein bereits ausgebildetes Pferd durchaus von einem systematischen Training profitieren kann, ist ein Trainingsplan für Jungpferde eher kontraproduktiv.
Gehen wir doch einfach einmal vom menschlichen Fitnesstraining aus. Muskeln brauchen nach ungewohnter Beanspruchung etwas Zeit, um die entstandenen kleinen Muskelrisse zu kurieren und so mehr Muskelmasse aufzubauen. Also solltest Du Dein Jungpferd nicht öfters reiten als Du Deine Workouts machst: drei bis vier Mal pro Woche. Natürlich ist es optimal, wenn Du Dein Jungpferd an den übrigen Tagen mit Bodenarbeit, Roundpen-Arbeit oder Longieren trainierst.
Um ein Pferd auf seine künftige Arbeit als Dressurpferd vorzubereiten, wird es zuerst einmal anlongiert. Dabei lernt es verschiedene Stimmkommandos und trainiert seine Muskeln. Wenn das Pferd die Signale des Longenführers korrekt umsetzen kann, kommen zwei Helfer dazu: Der eine hält das Pferd am Zaumzeug fest, während der andere aufsitzt. Sobald der Reiter aufgesessen ist, sollte es sofort angeführt werden, damit es etwaige Anspannung in Bewegung umsetzen kann.
Unser Tipp: Pferde haben vor dem Gewicht des Reiters nicht besonders viel Angst. Sie stören sich eher daran, dass etwas Großes über ihnen aufragt und „sie verfolgt“. Ihr Instinkt sagt ihnen dann vielleicht: Hilfe, eine Raubkatze! Deshalb solltest Du Dein Pferd vor dem ersten Aufsitzen öfters von einem Strohballen aus putzen.
Wenn das Pferd sich daran gewöhnt hat, einen passiven Reiter auf seinem Rücken zu tragen, wird es mit – immer noch passivem – Reiter longiert. Im Laufe der nächsten Trainingseinheiten fängt der Reiter damit an, die Kommandos des Longenführers mit reiterlichen Hilfen zu unterstützen. Sobald das Pferd gelernt hat, diese umzusetzen, kann es schonend vorwärts-abwärts gearbeitet werden.
Während mit künftigen Dressurpferden an der Longe gearbeitet wird, laufen Westernpferde während ihrer Ausbildung in einem sogenannten „Roundpen“ (einem fest eingezäunten Zirkel) ohne direkte Verbindung zum Trainer. Der Trainer hat lediglich seine Longierpeitsche und die Position seines Körpers zur Verfügung, um sie zu kontrollieren. Roundpen-Training hat im Vergleich zur Longenarbeit den Vorzug, dass der Trainer mehr psychologische Kontrolle über das Pferd erlangt.
Zusätzlich hat die Arbeit im Roundpen den Vorteil, dass dabei die Rangverhältnisse zwischen Trainer und Pferd auf eine natürliche Weise geklärt werden. Zudem muss es die „Kommandos“ des Trainers nicht lernen – es kennt die Bedeutung der unterschiedlichen Körperpositionen instinktiv. Sobald das Jungpferd gelassen im Roundpen kooperiert, geht die Jungpferdeausbildung genauso weiter wie bei der Ausbildung von Dressurpferden.
Unbedingt. Je mehr Du Dich vor dem ersten Aufsitzen mit Deinem Pferd beschäftigst, desto besser wird eure Beziehung. Allerdings sollte eure Rangordnung eindeutig festgelegt sein. Im Roundpen ist das ganz einfach, wenn Du schon Erfahrung im „Longieren ohne Longe“ hast. Wenn nicht, solltest Du es Dir von einem Trainer zeigen lassen. Falls Dir kein Roundpen zur Verfügung steht, kannst Du den Trick mit den verschiedenen Positionen auch beim Longieren anwenden. Dein Pferd hat Dich als „Leitpferd“ akzeptiert, wenn es nur aufgrund der Veränderung Deiner Körperposition stehen bleibt.
Im ersten Jahr der Ausbildung von Western- und Dressurpferden wird grundsätzlich erst einmal nur auf Trense/Snaffle-Bit geritten. Kandaren und andere Spezialgebisse werden erst nach der Jungpferdeausbildung eingesetzt.
Erfahrene Reiter mit Pferdeverstand können ihr Pferd normalerweise auch selbst einreiten. Bei der Jungpferdeausbildung in Eigenregie lohnt sich aber auf jeden Fall eine gelegentliche Supervision durch einen Trainer.
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Die von der FN festgelegte Übersicht umfasst Schritte oder Phasen der Pferdeausbildung. Erfahre mehr über die klassische Ausbildung für Pferde, auch Ausbildungsskala genannt.
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